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Es gibt viel zu feiern, nämlich unseren eigenen Mut und unsere Widerstandsfähigkeit gegen diejenigen, die uns unterdrücken wollen.”

Dawn Cavanagh (c) LSVD Masakhane“ ist das größte jemals vom Bundesministerium für Entwicklung geförderte Projekt im Bereich LSBTI-Menschenrechte. Das Zulu-Wort lässt sich ins Deutsche übersetzen mit „Kommt, lasst uns gemeinsam stärker werden“. Initiiert vom LSVD und umgesetzt von der Coalition of African Lesbians (CAL) als Projektpartnerin vor Ort und dem LSVD und filia.die frauenstiftung von deutscher Seite, läuft dieses Projekt seit 2013. Ziele des Projekts sind die bessere Vernetzung, das „Capacity Building“ und die Selbstermächtigung von Lesben, bisexuellen Frauen und Trans* in Subsahara Afrika. Dawn Cavanagh, Geschäftsführerin von CAL im Gespräch mit LSVD-Bundesvorstand Uta Schwenke und Judith Menzl. (englische Originialversion)

LSVD: Dawn Cavanagh, herzlich Willkommen in Deutschland und in dem Berliner Büro des LSVD. Wir freuen uns sehr, dass Sie auf Ihrem Weg nach Genf einen Zwischenstopp in Berlin eingelegt haben und sich die Zeit für ein Interview mit uns nehmen.

Dawn Cavanagh: Vielen Dank, es ist wundervoll hier zu sein, in Berlin und bei Ihnen im LSVD. Ich liebe diese Stadt. Ich liebe Berlin. Es gefällt mir.

LSVD: Sie sind die Leiterin der Coalition of African Lesbians. Können Sie uns ein bisschen davon erzählen und was Sie dort machen?

Cavanagh: Die Coalition of African Lesbians ist ein Netzwerk, basierend auf 30 Mitgliedsorganisationen in neunzehn verschiedenen Ländern in Sub-Sahara Afrika. Wir sind Aktivistinnen. Wir sind Feministinnen. Wir bringen feministischen Aktivismus in unsere Arbeit, die sich hauptsächlich auf Überzeugungsarbeit konzentriert. Wir wollen Veränderungen in Richtlinien, Gesetzen, Strategien und in der Praxis von Menschenrechten für alle Menschen, in allen Ländern des afrikanischen Kontinents. Aber offensichtlich, da wir Frauen sind, verfolgen wir diese Ziele leidenschaftlich mit einem Fokus auf Frauenrechte. Und man kann nicht für Frauenrechte kämpfen, ohne sich dabei auch mit den sexuellen und reproduktiven Rechten auseinanderzusetzen. Also sind Sexualität und Gender ein sehr wichtiger Teil unserer Advocacy-Arbeit.

Wir arbeiten bei internationalen Foren, wie zum Beispiel den Vereinten Nationen und der Afrikanischen Kommission für Menschen- und Völkerrechte. Dort wollen wir Entscheider/innen überzeugen, diese Rechte anzuerkennen. Vielen von ihnen fällt es immer noch schwer, diese Rechte überhaupt als Menschenrechte zu akzeptieren.

LSVD: Wie lange gibt es CAL schon?

Cavanagh: Oh wir hatten Ende 2014 unser zehnjähriges Jubiläum. Wir kommen also bald in unsere Teenagerjahre.

LSVD: In Südafrika haben Lesben und Schwule gesetzlich gleiche Rechte. Das ist ein Unterschied zu Deutschland. Was für eine Bedeutung haben diese Rechte für Sie?

Cavanagh: Die Herausforderung besteht in dem großen Unterschied zwischen den Rechten, wie sie in der Verfassung festgelegt wurden, und der eigentlichen Implementation dieser Standards. Einerseits haben wir in Südafrika diese wunderbare Verfassung, mit der wunderbaren Gleichbehandlungsklausel und den großartigen Grundrechten, und jedes Gesetz, das aufgrund sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität diskriminierte, wurde entfernt. Andererseits hat sich an der alltäglichen Realität nicht viel verändert. Oder es wurde noch schlimmer. Trotz des fortschrittlichen Rechtssystems ist das Ausmaß von Gewalt — körperlicher Gewalt, sexueller Gewalt, Vergewaltigung, Mord — gegen eine ganze Reihe von Personen, und in diesem Fall konzentriere ich mich auf lesbische Frauen, sehr hoch.

Also bin ich mir nicht ganz sicher, was Sie meinen, wenn Sie fragen, was uns diese Rechte bedeuten. Aber ich glaube, was wir daraus lernen können ist, dass wir uns nicht darauf konzentrieren sollten, das Recht zu ändern, denn das Recht ändert die Menschen nicht. Wir sollten das Recht natürlich auch nicht ignorieren, sondern schon auch dafür sorgen, dass ein fortschrittliches Rechtssystem vorhanden ist, aber wir müssen in soziale Veränderungen investieren und die Einstellungen und Denkweise der Leute ändern.

LSVD: Was bedeutet es in Südafrika lesbisch zu sein? Sie haben schon erwähnt, dass viel Gewalt dazugehört.

Cavanagh: Ja, das stimmt schon. Aber es geht in unseren Leben nicht ausschließlich um Gewalt. Ich will nicht das Gefühl verbreiten, dass wir eine Gruppe von Opfern sind. Denn was uns aufrechterhält oder unseren Aktivismus ermöglicht ist, dass wir auch viel Freude in unseren Leben haben. Es gibt viel zu feiern, nämlich unseren eigenen Mut und unsere Widerstandsfähigkeit gegen diejenigen, die uns unterdrücken wollen. Ich finde das sind großartige Dinge und sie sollen auch benannt werden. Wir erleben Glück und wir haben Spaß. Wir haben vollständige Leben. Wir sind nicht nur Lesben, wir sind Menschen, die gewöhnliche Dinge tun. Wir wachen morgens auf und frühstücken — diejenigen von uns die das Glück haben frühstücken zu können — und gehen zur Arbeit. Was bedeutet es lesbisch zu sein? Lesben sind Menschen mit Rechten und mehr und mehr nehmen wir uns diesen Raum, und nehmen uns diese Rechte. Manchmal sachte, manchmal nicht so ganz sachte. Manchmal müssen wir die Regierungen dazu zwingen, unsere Rechte zu respektieren.

Zugleich bedeutet es auch Elend und Härte für viele Frauen. Manche von uns sind durch unsere soziale Herkunft geschützt. Zum Beispiel Frauen wie ich, die einen Job haben, ein Einkommen und ein Haus mit guten Sicherheitsvorkehrungen. Wir können unsere Grundbedürfnisse decken und haben auch viele Dinge, die viele Personen als Luxus bezeichnen. Daher ist das Lesbisch-Sein nicht so bedrohend für mich wie für viele andere Frauen in Südafrika und anderswo auf dem Kontinent. Für andere gibt es viele Schwierigkeiten — etwa wirtschaftliche Not.

Es kommt oft vor, dass jungen lesbischen Frauen der Schulabbruch droht. Die Lehrkräfte wissen nicht, wie sie mit diesen Schülerinnen umgehen sollen und die Mitschüler/innen wissen nicht, wie sie sich ihnen gegenüber verhalten sollen, machen sich oft über sie lustig oder werden gewalttätig. Die jungen Lesben werden oft sexuell belästigt, manchmal sogar vergewaltigt, und es ist oft unmöglich für sie, weiterhin die Schule zu besuchen. Und ohne Schulabschluss hat man keine Ausbildung und ohne Ausbildung bekommt man keinen Job. Es ist ein Teufelskreis. Armut entsteht auch aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität. Sie werden oft gezwungen, ihre Elternhäuser zu verlassen, haben keinen Ort, wo sie wohnen können und müssen mit denen zusammen wohnen, die sie aufnehmen. Manchmal gibt es dort noch mehr Misshandlungen. Oder sie finden niemanden, der sie aufnimmt und sind dann obdachlos.

Also ist es eine Mischung. Es gibt Glück, Freude, Freundschaft, Solidarität, und Verbindungen mit Leuten, die Freiheit verstehen. Aber für viele Menschen geht es auch mit großer Not einher.

Dawn Cavanagh (c) LSVDLSVD: Gibt es zwischen Südafrika und Zimbabwe Unterschiede offen lesbisch zu leben?

Cavanagh: Auch hier kommt es viel auf die soziale Herkunft einer Person an. Naja, in irgendeiner Weise haben wir mit der neuen Verfassung von 1996 in Südafrika schon etwas geschafft. Es gab Fortschritte. Es muss sie gegeben haben. Ich sage das wohl sehr optimistisch. Eine kleine Veränderung in der Denkweise der Leute. Menschen gehen vielleicht etwas mehr Risiken ein, da sie wissen, dass das Gesetz auf ihrer Seite steht und wenn jemand ihre Rechte verletzt, können sie es bei der Polizei melden. Theoretisch, natürlich. Denn bei der Polizei kann man die gleichen Erfahrungen machen.

Die Polizei selbst ist homophob. Obwohl du das Gesetz auf deiner Seite hast, muss die Polizei diese Rechte auch immer noch anerkennen. Sie muss anerkennen, dass eine unerlaubte Handlung geschehen ist. Das tut sie nicht immer. Ich glaube so ergeht es vielen, vielen Lesben, auch anderen LGBTI Menschen, und Frauen generell, z.B. Frauen, die eine Vergewaltigung anzeigen wollen. Vor allem wenn du als verheiratete Frau eine Vergewaltigung anzeigen willst, wird die Polizei das nicht verstehen. Ich verallgemeinere jetzt natürlich. Nicht alle bei der Polizei sind homophob oder frauenfeindlich. Aber sie sind es größtenteils und die Polizei ist ein Mikrokosmos dessen, was in der Gesellschaft abläuft.

Ich glaube der große Unterschied zwischen Südafrika und Zimbabwe ist, dass in Zimbabwe der Staat selbst Frauen und Aktivist/innen angreift. In Zimbabwe gibt es ein riesiges Demokratieproblem. In Südafrika haben wir das auch, aber das ist eine andere Geschichte. In Zimbabwe stellt sich der Staat gegen seine eigenen Bürger/innen und verletzt ihre Rechte.

In Südafrika gibt es aber auch Vertreter/innen des Staates, die sich unmöglich verhalten. Der Präsident Südafrikas hat schon mehrere furchtbare Bemerkung über Frauen, Frauenrechte, und die Rechte von Lesben, Schwulen und Trans* von sich gegeben. Also gibt es sehr hochrangige Politiker/innen und Regierungsbeamt/innen, die haarsträubende, einfach nur verrückte Bemerkungen machen. Aber es ist nicht die offizielle Position des Staates. Es sind die Äußerungen und Meinungen Einzelner und diese stimmen nicht mit der Position der Regierung überein. Ich glaube, das ist auch ein Unterschied zu Zimbabwe.

LSVD: Können Sie einer dieser Bemerkungen zitieren?

Cavanagh: Einmal, ich weiß schon gar nicht mehr in welchem Zusammenhang, sagte der Präsident, dass er als junger Mann einen anderen Mann angegriffen hätte, wenn sich dieser an ihn rangemacht hätte. So ungefähr, ich kann mich nicht mehr an die genauen Worte erinnern.. Er hätte ohne zu zögern den Mann attackiert. Das ist Homophobie. Ganz klar. Ich meine, er ist auf vielen Ebenen ein Problem. Ende 2005 wurde gegen ihn wegen Vergewaltigung einer lesbischen Frau ermittelt. Damals war er noch Präsident der ANC. Er wurde im Mai 2006 freigesprochen, aber manche seiner Äußerungen im Laufe des Prozesses waren schockierend. Zum Beispiel, dass diese junge Frau, mit einem Rock in sein Haus kam, sie also „natürlich“ Sex wollte.

Es gibt auch andere Politiker, wie zum Beispiel Julius Malena, der jetzt in der Oppositionspartei Economic Freedom Fighters (EFF) ist. Er war früher bei der ANC und hat auch Aussagen über dieselbe Frau gemacht, im Wesentlichen den Präsident unterstützend. Er hat ihm gegenüber praktisch Solidarität gezeigt. Ja, wir haben ein Problem mit der Patriarchat und wie es sich in Südafrika offenbart. Es ist ein Problem für alle Frauen.

Interview mit Dawn Cavanagh (c) LSVDLSVD: CAL leitet in Zusammenarbeit mit dem LSVD und filia das Masakhane Projekt. Es ist sowohl für den LSVD als auch für filia das größte Projekt, das, je durchgeführt wurde und ist das größte ausländische LSBTI-Projekt, das von der deutschen Regierung bislang je finanziert wurde. Es ist ein dreijähriges Projekt mit weiteren Organisationen aus Namibia, Sambia, Zimbabwe und Botswana. Kannst du uns ein bisschen von dem Projekt erzählen und was es für dich bedeutet?

Cavanagh: Masakhane ist ein wunderschönes Wort, ein wunderschöner Name für das Projekt, weil es eine Einladung ist, eine Ermutigung. Auf eine ganz einfache Art bedeutet es „aufbauen“. Eigentlich ist es die Einladung: „Lasst uns zusammen etwas aufbauen“. Es ist ein schöner Ausdruck.

Dieses Projekt ist sehr aufregend und es ist sehr wichtig für uns bei CAL. Denn in den letzten zehn Jahren haben wir uns fast nur auf die Interessenvertretung konzentriert, d.h. hauptsächlich auf die Arbeit bei den Vereinigten Nationen, bei der Frauenrechtskommission in New York und vor allem beim Menschenrechtsrat und der Afrikanischen Kommission für Menschen- und Völkerrechte. Das musste so sein, denn unser Ziel war Sichtbarkeit. Denn zum einen wurde uns vorgehalten, dass diese ganze LGBTI Sache „unafrikanisch“ sei, zum anderen wurden Frauen von vielen nicht als sexuelle Subjekte anerkannt. Sobald jemand sagt „Zwei Frauen haben Sex“, trifft man auf Empörungen wie „Was ist denn das?“ oder „Wie ist das eigentlich möglich?“.

Dieses patriarchale Verständnis von Sexualität und Lust, wie sie auszusehen hat, wer gibt und wer nimmt, das ist das Problem. So wird weibliche Sexualität unsichtbar gemacht. Wir wollten aber sichtbar sein. Wir wollten sagen, dass es uns gibt, selbst wenn wir uns nicht unbedingt als „lesbisch“ bezeichnen. Für uns ging es darum, durchzusetzen, dass wir Frauen sind, die darauf bestehen, unsere eigenen Entscheidungen über unsere eigenen Körper und Leben zu treffen.

Das war unser Schwerpunkt für die Sichtbarkeit. Wir haben viel auf internationalen und regionalen Ebenen gearbeitet. Wir haben uns sehr darauf konzentriert, mit Regierungen, politischen Entscheider/innen und anderen policy makers sprechen zu können. Jedoch haben wir kaum mit unseren Mitgliedern in den Ländern gearbeitet.

Das Masakhane Projekt ermöglicht es uns, genau das sehr ernsthaft anzufangen. Wir haben das in der Vergangenheit schon ein paar Male getan, aber wenn es Geld gab, gingen wir nach Malawi oder in das Land, das unsere Hilfe an dem Zeitpunkt benötigte. Bis jetzt konnten wir noch nicht proaktiv handeln und sagen „Okay, in den nächsten vier Jahren werden wir uns auf diese fünf Länder konzentrieren. Und in diesen fünf Ländern klären wir, was die Bedürfnisse sind und wie wir sie decken werden.“ Dafür hatten wir nicht ausreichend Geld und Personal. Oftmals laden Mitgliedsorganisationen uns, das CAL-Sekretariat, auch zu Veranstaltungen ein oder bitten um einen Workshop. Und oftmals müssen wir absagen, weil es niemanden gibt, der gehen könnte.

Das Masakhane Projekt, mit der Unterstützung von der deutschen Regierung und durch den LSVD und filia, ermöglicht es uns nun, das öfters zu tun und proaktiver zu sein, so dass wir nicht auf eine Krise warten und dann nach z.B. Uganda eilen. Jetzt arbeiten wir in einer mehr proaktiven und strategischen Art und wählen die Länder aus, um die wir uns bemühen. Zuerst wollten wir es mit allen zehn Ländern versuchen. Wir waren so ehrgeizig. Dann wurde uns bewusst, dass das nicht klappt.

Es ist ein Lernprozess, sogar für uns im CAL-Sekretariat. Wie macht man das? Was ist in einem Jahr machbar? Also wir lernen auch. Manchmal ist es ein schmerzhafter Lernprozess. Wir dachten wir schaffen zehn Länder, dann haben wir es auf sechs reduziert, um dann zu erkennen, dass wir uns auf vier Länder konzentrieren müssen, wenn wir tiefgründig arbeiten wollen und diese Arbeit langfristig aufrechterhalten wollen. Also ist es ein großer Lernprozess für uns und unsere Mitgliedsorganisationen. Wie bestimmt man die Bedürfnisse? Wie sollen wir priorisieren? Es gibt 30 Bedürfnisse, aber unsere Mittel reichen nur für drei aus. Was ist effektiver? Bringen wir den Leuten bei, wie man einen Vorstand einrichtet? Wie man Förderanträge schreibt? Weil sie brauchen alles. Nenne mir eine Fähigkeit und Leute brauchen sie. Wir konzentrieren uns nun auf advocacy, auf Interessensvertretung, weil das im Moment am dringendsten benötigt wird. Es ist sinnlos hier Interessen zu vertreten, wenn das von der Graswurzelbewegung vor Ort abgetrennt wird. Wie stellen wir sicher, dass die wundervolle Arbeit auf der regionalen mit der nationalen Ebene und der Arbeit bei den nationalen Regierungen verbunden ist? Das tut Masakhane.

Zuerst geht es darum, Zuversicht zu stärken. Manchmal braucht es einfach nur Zuversicht. Manche Leute haben einfach noch keine Möglichkeiten gehabt, sich noch nie gezeigt. Wir wollten Entscheider/innen, Gelegenheiten geben und einbeziehen, damit sie erfahren, was Advocacy-Arbeit ist, was wir während den letzten Bewegungen gelernt haben und wie man für Interessen eintritt.

Wie macht man das am besten in verschiedenen Umständen? Die Zusammenarbeit mit Medien ist ein wichtiger Teil davon. Wie macht man das? Wie schreibt man eine Presseerklärung? Wie führt man ein Interview für ein Magazin oder eine Zeitung? Wie bringt man das zustande? Wie artikuliert man eine Nachricht?

Das andere Problem ist die Nachhaltigkeit unserer Arbeit. Es ist oft schwer, die richtige finanzielle Unterstützung zu finden. Oft ist die Förderung so klein, dass das Geld nur für eine Aktivität, vielleicht an einem Frauenrechtstag, ausreicht. Man organisiert seine Veranstaltung, aber dann gibt es nicht mehr genug Geld, um die Arbeit fortzuführen. So wird sich nichts verändern. Also ist ein wichtiger Teil des Masakhane Projekts, Fähigkeiten zum Fundraising zu vermitteln und auszubauen.

LSVD-Bundesvorstand Uta Schwenke (c) LSVDVieles von dem zur Verfügung stehenden Geld ist für mehrere Länder bestimmt. Das heißt wir müssen zusammenarbeiten. Man kann nicht einfach einen Antrag nur für Südafrika stellen. Ich kann ihnen jetzt schon sagen, dass sie ablehnen werden oder ihnen vielleicht $500 anbieten, nach ihrem Bemühen, diesen großen Förderantrag zu schreiben. Also wie funktioniert Funding. Was fördern die Mittelgeber? Und wie werden sie ihre finanzielle Unterstützung ausüben? Also wenn der Trend ist, grenzübergreifende Projekte zu fördern, dann lasst drei von unseren Organisationen., drei Länder, zusammen einen Antrag schreiben und abgeben. Das ist auch ein wichtiger Teil des Masakhane Pojekts.

LSVD: CAL hat durch DIE internationale Arbeit schon Standards gesetzt. Können Sie uns ein bisschen davon erzählen? Erst kürzlich hat CAL bei der Afrikanischen Kommission für Menschen- und Völkerrechte den Beobachterstatus erhalten. Herzlichen Glückwunsch. Das ist großartig!

Cavanagh: Ja das stimmt. Wir wollen einen tiefgreifenden sozialen Wandel erreichen, der das Patriarchat und männliche Dominanz und Herrschaft überwindet. Das schafft man nur mit Bewegungen, nicht nur eine einzelne Person oder Organisation. Also wir arbeiten wirklich als Teil sozialer Bewegungen. Diesen erreichten Erfolg und Wandel, gibt es für uns nicht nur wegen CAL, sondern wegen der Bewegungen und Netzwerke, von denen wir ein Teil sind.

Ein Beispiel für so eine Zusammenarbeit auf der internationalen Ebene war die erste Resolution über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität, die vom Menschenrechtsrat im Juni 2011 angenommen wurde. Zusammen mit anderen Bewegungen waren wir ausschlaggebend dafür, dass Südafrika diese Beschlussvorlage eingebracht hat. Südafrika war eigentlich dagegen. Sie wollten die Erklärung verhindern: Es gab einen Entwurf, aber Südafrika hat versucht, die Organisatoren zu überzeugen, diesen zurückzuziehen. Es war relativ spät in der Sitzung, Ende der dritten Woche, aber einige von uns waren aus irgendeinem Grund immer noch anwesend. So haben wir erfahren, was die südafrikanische Regierung versucht und konfrontierten sie. Ich bin Südafrikanerin und das hilft, denn ich konnte sagen „Ihr seid meine Regierung und ich weiß, was Ihr vorhabt. Was ist los? Warum macht Ihr das? Zuhause haben wir diese fortgeschrittene Verfassung, wie könnt Ihr hierherkommen und versuchen, die Resolution zu verhindern? Leute sterben!“ Ein paar von uns waren da und wir fingen an, die Regierung unter Druck zu setzen. Wir riefen und schrien und informierten alle daheim, damit sie die Presse alarmieren. Wir schickten ihnen ständig die aktuellsten Informationen. Sie beteiligten die Presse, sie demonstrierten, wir haben einen Riesenlärm verursacht. Und Regierungen werden nicht gerne blamiert. Und das ist unsere Macht, sie zu blamieren oder damit zu drohen. So haben sie nachgegeben und das Dokument unterschrieben. Vorher haben Sie auch versucht, einen neuen Resolutionstext mit schockierender Wortwahl zu entwerfen, um gegen die anderen Staaten zu arbeiten. Sie haben praktisch versucht, die Initiative einzustellen, es war schrecklich.

Aber letztendlich haben sie ihren Text zurückgenommen und die Resolution unterschrieben. Dann im Juni brachten sie eine neue Resolution ein. In der Zwischenzeit konnten wir die südafrikanische Regierung enorm unter Druck setzen, weil CAL ihren Sitz in Südafrika hat. Wir haben sie zu Versammlungen einberufen und sie bei der Südafrikanischen Menschenrechtskommission angezeigt, die dann bei der Regierung nachhakte. Wir schrieben einen neuen Resolutionstext und legten ihn ihnen vor und sagten „Hier ist, was Ihr im Juni vorzeigen müsst.“ Natürlich haben sie es nicht gleich akzeptiert, aber im Juni haben sie dann doch einen Resolutionstext vorgetragen, der genauso formuliert war, wie wir es wollten. Dieser Text wurde dann angenommen.

Er war die allererste Resolution über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität bei den Vereinten Nationen. Es gab schon davor Beschlüsse, die die sexuelle Orientierung erwähnt hatten, aber noch keinen, wo es nur darum ging. Dieser neue Beschluss konzentrierte sich darauf, Gewalt aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität zu beenden. Als er angenommen wurde, war das der Gründungsmoment einer Bewegung Es waren nämlich nicht nur wir, sondern mehrere Organisationen, die protestiert hatten und mit uns zusammen herausfanden, wie man am besten reagiert und vorgeht. „Da Ihr in Südafrika seid, tut dies und wir leisten jenes.“ „Wir sind in Genf, also werden wir mit dem Botschafter reden.“ „Und wir gehen zum Botschafter von Norwegen“ und so weiter. Alle kamen dazu und sagten „Wie arbeiten wir zusammen, aber zugleich auch selbstständig und unabhängig? Welchen Vorteil haben die jeweiligen Organisationen? Was können sie am besten beitragen?“.

Ich werde noch ein Beispiel nennen, von der Afrikanischen Kommission für Menschen- und Völkerrechte. Sie ist das Menschenrechtsorgan der Afrikanischen Union und basiert auf der Afrikanischen Charta der Rechte der Menschen und Völker.

Wenn wir vor sechs oder sieben Jahren bei der Afrikanischen Union angekommen wären, hätten sie mit der Keule nach uns geschlagen. Uns würde es mittlerweile nicht mehr geben. Wir wären vielen Angriffen ausgesetzt gewesen. Also hatten wir uns 2005 oder 2006 dazu entschlossen, mit unserer Lobbyarbeit bei der Kommission zu beginnen. Denn dort sitzen keine Politiker/innen, sondern unabhängige Expert/innen, zum Beispiel Menschenrechtsexpert/innen aus einzelnen Staaten. Wir wussten, dass, obwohl sie Menschenrechtsexpert/innen sein sollten, sie nicht glauben, dass Frauen- und Lesbenrechte ein Menschenrechtsthema sind. Tatsächlich fanden sie das Thema ekelhaft. In einer Sitzung wurde uns zuvor gesagt, dass wir wie ein Virus sind. Und das von Menschenrechtsexpert/innen! Wir konzentrierten uns also auf sie, sensibilisierten sie für das Thema, setzten sie unter Druck.

Es gab viel Widerstand. Also entschieden wir uns für eine Bewerbung um einen Beobachterstatus. So würden wir als Menschenrechtsaktivist/innen anerkannt werden. Mit Beobachterstatus kann man an der Afrikanischen Kommission teilnehmen und bei den „Open Sessions“, in denen NGOs sprechen dürfen, für die eigene Organisation sprechen.

Dawn Cavanagh (c) LSVDWir haben uns beworben und natürlich war es ein endloser Prozess. Entweder gingen die Dokumente verloren, die Agenda war bereits voll und so weiter. So ging es von 2005 bis 2010. Dann hatten wir die Nase voll! Wir beteiligten unsere Rechtsanwält/innen. Die schrieben einen Brief an die Kommission, in dem sie detailliert darlegten, dass wir alle Kriterien erfüllen. Innerhalb von ein paar Wochen bekamen wir eine Ablehnung. Man sagte uns, dass unsere Arbeit nicht in der Verteidigung von Menschenrechten liegen würde.

Aber wir waren froh, denn wenigstens hatten wir eine Antwort. Wir hatten sie dazu gebracht, eine Entscheidung zu treffen und benutzten die Ablehnung dann, um Menschen auf dem ganzen Kontinent zu mobilisieren, um in jeder Sitzung, in der Presse, und in den Botschaften zu protestieren. Wir wissen, wie man Lärm macht. Wir verursachten totales Chaos.

Nach der Ablehnung im Oktober gab es eine Sitzung, bei der die damalige CAL-Leiterin Fikile Vilakazi und mehrere LGBTI- und Frauenrechtsaktivist/innen dabei waren. Vor dieser Sitzung haben wir jede einzelne NGO darum gebeten, während der open session über CALs Beobachterstatus zu sprechen. Und eine nach der anderen kam dran und hat gesagt „Kommissare wir wollen über den Beobachterstatus von CAL reden.“ Eine nach der anderen bis, ich glaube es war nach der zehnten Meldung, einer der Kommissare schrie „Hört auf! Hört auf! Wir haben genug von CAL gehört!“

Das war wunderbar! Wir trieben sie zur Weißglut! Sie hatten versucht, uns zu isolieren und wollten sagen „Eure Arbeit ist keine Menschenrechtsarbeit. Ihr seid nur eine Gruppe von Menschen, die nach exotischem Vergnügen verlangen. Ihr seid widerlich. Ihr seid unafrikanisch. Ihr seid die Bösen.“ Sie wollten uns absondern, aber haben damit das Gegenteil erreicht. Deshalb war dieser Prozess wirklich eine Lehre für sie. Wir haben also hinter den Kulissen viel sensibilisierende Arbeit geleistet und haben uns letztendlich entschieden, dass wir mit der Bewerbung noch warten müssen, uns zunächst auf die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen konzentrieren müssen, um den Beschluss durchzubekommen.

Im Oktober haben wir der Kommission eine geplante Resolution vorgezeigt. Wir sagten ihnen: „Wir wollen eine Beschlussfassung beantragen. Diese Resolution wird die erste ihre Art sein, ähnlich wie die beim UN-Menschenrechtsrat. Denn bei beiden handelt es sich um sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität, und beide rufen zur Beendigung der Gewalt aufgrund dieser Identitäten auf.“ Und der Beschluss wurde angenommen.

Wir hatten alle Rechtsverletzungen genau recherchiert und zu der Vorstellung des Berichts luden wir zwei aus der Kommission ein. Es war in der Aprilsitzung 2013 und wir hatten eine große Veranstaltung. Wir nutzten die Tatsache, dass sie da waren. Wir hatten ein Buch und wir konnten es benutzen, um auf die Annahme der Beschlussverfassung zu drängen. Sie konnten also nicht behaupten, es gäbe keine Gewalt. Denn unser Bericht hat sehr klar und deutlich beschrieben, wie viele Fälle von Gewalt aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität es in einem Jahr gegeben hat. Also haben sie letztlich diesen Beschluss, der ein Ende dieser Gewalt forderte, angenommen.

Ihn abzulehnen war unmöglich. Wir hatten die Existenz der Gewalt bewiesen und nicht mal sie, obgleich homophob, konnten sagen, dass Gewalt in Ordnung ist. Das ist alles, was wir von ihnen verlangten: Dass die Gewalt ein Ende haben muss, dass es diskriminierend und Unrecht ist. Und als wir das hatten, konnten wir uns wieder auf CALs-Beobachterstatus konzentrieren, weil wir genügend stichhaltige Grundlagen und auch ein paar Standards implementiert haben.

Letztes Jahr im Juni hat Fadzai unseren Antrag abgegeben. Dieses Jahr im April hat die Afrikanische Kommission für Menschen- und Völkerrechte uns dann den Beobachterstatus genehmigt. Nach zwei Stunden und zwanzig Minuten in einer öffentlichen Sitzung, in der sie alle offen miteinander gestritten haben. Jemand sagte, wir seien ein Virus, und dass unser Ziel ist Menschen in neunzehn Ländern, weil wir sind ja eine in Südafrika registrierte Organisation, zu konvertieren, deswegen müssen wir verboten werden. Es war verrückt. Fadzai Muparutsa, und ein paar andere Kolleginnen saßen da und waren von der Art der Debatte komplett traumatisiert. Die Kommissar/innen, die uns unterstützten, waren stark und eine von ihnen hat sogar gedroht, die Sitzung zu verlassen, weil sie durch die von der Kommision aufgestellten Kriterien gegangen ist und aufgezeigt hat, wie CAL diese erfüllt. Sie sagte: „Wenn sie die Kriterien erfüllen, habt ihr nicht die Autorität, nur aufgrund eurer eigenen Einstellung den Beobachterstatus zu verweigern,“

Wir haben jetzt sogar ein Video von dem ganzen Gespräch. Das ist toll. Wir wollen demnächst nämlich einen Dokumentarfilm vom ganzen Prozess des Antrages machen. Und so haben sie verloren. Die Homophoben haben verloren und jetzt sind wir, ich meine wir sind es schon immer gewesen, aber jetzt sind wir offiziell eine von der Afrikanischen Kommission für Menschen- und Völkerrechte anerkannte Menschrechtsorganisation.

Judith Menzl (c) LSVDLSVD: Wir, und unsere Regierung, wollen LSBTI-Bewegungen auf dem afrikanischen Kontinent unterstützen. Wie sollten wir das am besten tun, ohne zum Beispiel koloniale und rassistische Muster zu verstärken? Von was sollten wir uns fern halten und was sollten wir beachten?

Cavanagh: Vielleicht ist es so ähnlich wie beim Kreieren einer Bewegung Es geht um Beratung und das Zuhören. Niemand weiß alles, vor allem nicht die Regierungen. Sie wissen auf jeden Fall nicht die Antwort. Sonst sähe die Welt nicht so aus, wie sie gerade aussieht. In vielen Verfassungen, ich weiß nicht, ob es auch in der Deutschen vorkommt, aber oft gibt es die Worte, „Wir, das Volk“ oder so ähnlich. Denn die Regierung sollte im Dienst der Bevölkerung handeln. Dafür ist die Regierung da. Sie sind die Hüter der Ressourcen des Landes für die Bevölkerung. Die Regierungen müssen lernen, und es geht nicht nur um Deutschland, sondern auch um Südafrika, um jedes einzelne Land, dass es um die Bevölkerung geht. Sie müssen lernen, wie man im Parlament und im Kabinett mit „Wir, das Volk“ im Sinn Entscheidungen trifft.

Ich glaube, wenn Menschen an die Macht kommen, und das ist vielleicht die Beschaffenheit von Macht, werden sie zu Halbgöttern. Sie denken, sie wüssten alles und das Volk wüsste nichts. Also ein guter Ratschlag ist, dass die Gesellschaft, die Regierung nur dann ernst nehmen kann, wenn die Regierung die Gesellschaft ernst nimmt. Viele Regierungen tun das nicht. Sie nehmen die Bevölkerung und das Land nicht ernst.

Wo werden sie mir, einer südafrikanische Frau, zuhören, wenn ich will, dass die deutsche Regierung etwas für das Recht auf Entwicklung tut, etwa weil die Europäische Union nicht an diesen Recht glaubt? Warum würde die deutsche Regierung mir, einer Frau aus Südafrika, zuhören, wenn sie nicht mal ihren eigenen Bürger/innen zuhört? Das wäre ein Aspekt: Den Leuten zuhören und zu verstehen, dass Menschen in der Regierung nicht Halbgötter sind. Sie dürfen sich nicht verselbstständigen. Sie sind im Dienst der Menschheit und Dienst heißt dienen und deswegen sollen sie den Leuten zuhören.

Auf der Seite von NGOs und Bewegungen wie dem LSVD. Es ist wirklich die Arbeit, die zu Hause im Heimatland gemacht wird, die wichtig ist. Ich sollte nicht versuchen, die deutsche Regierung zu überzeugen, etwas zu tun. Denn sie sollte auf ihre eigene Bevölkerung hören. Ich wähle nicht Angela Merkel. Ich kann ihr keine Stimme geben oder nehmen, aber ihr schon. Und Regierungen wollen an der Macht bleiben. Das ist einfach ein Teil der Regierungen: Sie wollen das Zentrum der Macht nicht verlassen.

Unsere Freund/innen müssen ihre eigenen Regierungen unter Druck setzen und zwar nicht nur für LGBTI-Rechte. Denn es geht nicht wirklich um den Kampf um sexuelle Orientierung. In CAL glauben wir noch nicht mal an etwas wie LGBTI-Rechte Es gibt Menschenrechte, die sich auf sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität beziehen. Wenn wir das so sehen, können wir das Problem lösen. Denn das eigentliche Problem liegt in der Frage körperlicher Selbstbestimmung. Es sind die Fragen: Wessen Körper ist das? Wem gehört er? Wer kann über ihn Entscheidungen fällen?

Aber ich glaube unsere Freund/innen im globalen Norden müssen anfangen, das Gespräch zu erweitern. Wir können uns nicht nur um sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität kümmern. Wir müssen anfangen, soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Gerechtigkeit, Armut und andere Ungerechtigkeiten zu einen Teil unseres Kampfes machen und dann unsere Regierungen dazu zu bringen, die richtigen Dinge zu tun. Weil: Du hast die Wahl, und solange du wählen kannst, hast du die Macht.

Dawn Cavanagh (c) LSVDLSVD: Sie haben vorher gesagt, dass CAL ein Teil von Bewegungen ist. Ich würde sogar behaupten, Sie bauen wirklich Bewegungen auf. Wie machen Sie das? Wie organisieren Sie sich und wie gelingt es die Vorteile jeder Mitgliedsorganisation zu nutzen?

Cavanagh: Das ist eine große Frage. Wenn ich nur eine Sache antworten könnte, dann würde ich sagen, dass es darum geht, wirklich seine Beziehungen mit anderen wertzuschätzen. Wenn wir von Menschenrechten und sozialem Wandel reden, geht es oft um fachliche Themen wie: Man braucht die Ausbildung. Man muss dies und jenes können, einen Schulabschluss haben. Das ist alles gut und schön. Doch letztendlich geht es eigentlich darum, Beziehungen mit anderen Menschen schätzen zu können, andere und ihre Denkweisen zu respektieren und anzuerkennen. Das ist Feminismus in der Praxis, in Aktion. Es geht darum, das Wissen, die Fähigkeiten und die Arbeit von anderen Menschen anzuerkennen, wertzuschätzen, Menschen zuzuhören und von ihnen zu lernen. Und nicht zu denken, dass man selber alles weiß. Es gibt immer etwas, was jemand bereits vor dir gemacht hat, sonst wären wir nicht, wo wir gerade sind. Also geht es darum, andere Leute zu respektieren und den Aufbau von Beziehungen zu erlernen. Das ist nicht immer einfach, weil wir alle anders sind. Und als Aktivist/innen denken wir alle, dass wir alles wissen. So entstehen manchmal Konflikte. Es ist nicht einfach. Da gibt es auch Konkurrenz. Aber es geht darum, dabei zu bleiben. Man darf nicht einfach aufgeben, nur weil du und ich nicht einverstanden sind, wie wir mit der Afrikanischen Kommission reden sollten, und du als Rechtsanwältin sagst: „Nein, nein, wir sollten sie lieber nicht anschreien“ und ich sage: „Doch, lass uns Lärm machen“.

Es geht wirklich um Verständnis füreinander und um Bescheidenheit. Ich bin nicht mehr besonders als andere und wir müssen unsere Überzeugung, dass alle Menschen gleichwertig sind, verwirklichen und leben. Sie sind genauso wichtig wie ich. Das ist für uns eine der Stärken, mit der wir diese Bewegung erschaffen.

Und dann gibt es noch weitere Aspekte, etwa andere Menschen zu akzeptieren und zu respektieren. Menschen merken das und Türen werden sich öffnen. Menschen wollen dich, um sich herum haben, obwohl du vielleicht auch sehr direkt und fordernd sein kannst, weil du sie respektierst und ihnen zuhörst. Mit solchen Menschen wollen andere arbeiten. Nicht alle, aber die Leute, mit denen du arbeiten willst, wollen mit dir arbeiten.

Vor allem in der Frauenbewegung und der Arbeit in feministischen Kontexten ging es auch um Liebe. Sich mit anderen austauschen, sie verstehen, sich vernetzen, die eigenen Fähigkeiten anzubieten und fähig sein, die Fähigkeiten anderer zu sehen.

Das ist zum Teil, was wir mit LSVD und filia gerade tun. Es geht nicht nur ums Geld. Wenn es in drei Jahren kein Geld mehr gibt, sagen wir nicht: „Auf Wiedersehen, wir werden nie mehr was mit Euch zu tun haben.“ Vielleicht hat das Geld uns eine Tür geöffnet, damit wir uns kennenlernen und eine Freundschaft aufbauen. Wenn das Geld ausgeht, werden wir trotzdem Wege finden, weiterhin miteinander zusammenzuarbeiten. Denn das sind Bewegungen. Es geht um Verbindungen und Beziehungen.

LSVD: Vielen Dank, Dawn Cavanagh und weiterhin viel Erfolg. 

Das Interview führte LSVD-Bundesvorstand Uta Schwenke, die das Projekt Masakhane ehrenamtlich für den LSVD betreut, zusammen mit Judith Menzl, die das Interview für uns auch ehrenamtlich übersetzt hat.



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