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Keine Macht den Dogmen

Liebe Freundinnen, liebe Freunde,

vor sieben Monaten fand ein erstes Treffen unseres Bündnisses in der Geschäftsstelle des Lesben- und Schwulenverbandes statt. Es war beengt, aber der Platz reichte aus. Heute brauchen wir den Potsdamer Platz, so viele Menschen sind wir. Ich danke Euch für Euer Kommen!

Keine Macht den Dogmen. Demonstrationszug

Zu dem heutigen Protest haben 70 Organisationen aufgerufen. Frauen- rechtlerinnen an der Seite von Schwulen- aktivisten, Humanisten an der Seite von Katholiken, junge und alte Menschen, Heterosexuelle ebenso wie Lesben, Schwule und Transgender. Wir sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Und diese Gesellschaft ist bunt und vielfältig. Und eigentlich könnte uns der Papst auch völlig egal sein. Ist er aber nicht, weil er eben nicht nur ein Religionsführer ist, sondern auch knallhart Politik macht.

Und diese Politik des Papstes ist es, gegen die wir uns wenden. Denn er ist einer der Hauptverantwortlichen für die Unterdrückung von Lesben, Schwulen und Transgender auf der Welt. Er kämpft an der Seite von brutalen Diktaturen gegen unsere Menschenrechte. Laut einer Erklärung von diesem Jahr hält der Vatikan sogar die Kriminalisierung homosexuellen Verhaltens für legitim. Das ist mehr als ein Skandal.

Bei den Vereinten Nationen macht der Vatikan in trauter Eintracht mit Saudi-Arabien oder dem Iran Front gegen die Menschenrechte von Homosexuellen. Der Papst versucht, jegliche Maßnahmen zum Schutz von Lesben, Schwulen und Transgender vor Verfolgung zu hintertreiben. Bereits 1992 hat der damalige Kardinal Ratzinger die Parole ausgegeben, dass es „kein Recht auf Homosexualität gebe“. Dieser menschenrechtswidrigen Maxime folgt die Politik des Vatikans bis heute. Der Papst trägt persönlich große Schuld daran, dass Homosexuellen in vielen Ländern das Leben zur Hölle gemacht wird, dass sie staatliche Verfolgung, Willkür und Gewalt erleiden. Darüber dürfen deutsche Politikerinnen und Politiker nicht freundlich hinweg lächeln. Wer hier schweigt, stimmt zu.

Wir fordern alle Politikerinnen und Politiker in Deutschland auf, den Papst bei ihren Gesprächen auf seine menschenverachtende Haltung klar und deutlich anzusprechen.

Allen, Bundespräsident, Kanzlerin, Bundestag, Ministerpräsidenten und Bürgermeister, sagen wir: Kuschen Sie nicht! Treten Sie auch gegenüber dem Papst offensiv ein für die Werte unseres Grundgesetzes auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, für die Menschenrechte auch von Lesben, Schwulen und Transgender.

Niemand darf sich erheben, seinen vermeintlich rechten Glauben über die Rechte der Menschen zu stellen.

Die Katholische Kirche muss endlich ihren Anteil an der Verfolgungsgeschichte Homosexueller aufarbeiten und daraus auch tatsächlich Konsequenzen ziehen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Der Papst betreibt weiterhin seine Ausgrenzung und Herabwürdigung Homosexueller und fordert für sich selbst Respekt und Anerkennung ein. Aber Respekt ist keine Einbahnstraße !

Das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit zählt für ihn nicht – ihm geht es um die Aufrechterhaltung seiner Dogmen. Wir hingegen sagen: Es gibt keine zulässigen Menschenrechtsverletzungen. Homosexuellenrechte sind Menschenrechte.

Die Entscheidungen demokratisch gewählter Parlamente zur rechtlichen Anerkennung homosexuelle Paare schmäht Joseph Ratzinger als „Legalisierung des Bösen“. Die staatliche Anerkennung von Liebesbeziehungen und Sozialbeziehungen von Menschen mit dem Begriff des „Bösen“ zu belegen, das ist schon infam! Was ihn bei solchen Aussagen treibt. Warum er uns unser Glück missgönnt. Wir wissen es nicht. Und es interessiert uns nicht.

Denn es gilt: Auch die katholische Kirche hat die Grundrechte von Lesben und Schwulen zu respektieren. Nicht die katholische Kirche spricht Recht in Deutschland, sondern das Bundesverfassungsgericht. Aber ich will nicht nur Schlechtes über den Papst berichten. Ich habe schon im Vorfeld so manches Gespräch unter hier anwesenden stadtbekannten Homosexuellen belauscht und da wurde mir klar nicht wenige beneiden den Papst wegen einer Sache: Tja, am Arbeitsplatz solche roten Schuhe tragen zu können, das hat schon was! Und wir wissen doch alle noch was für’n Ärger damals ein bekennender homosexueller Regierender Bürgermeister bekommen hat als er nur mal so einen roten Schuh in die Hand genommen hat. Aber es stimmt: die roten Schuhe des Papstes sind schon verdammt schick.

 

Warum fühlt sich der Papst von der lesbischen Putzfrau und dem schwulen Arzt bedroht? 

Wir lassen uns nicht von Schuhen blenden und kommen lieber zum Thema Arbeitsplätze in katholischen Einrichtungen: Die katholische Kirche will uns vorgaukeln, nichts gegen Homosexuelle zu haben. ABER warum kündigt sie ihren Angestellten, wenn diese mit einer Person des gleichen Geschlechts eine Eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen? Kein anderer Arbeitgeber in Deutschland darf so etwas. Die katholische Kirche diskriminiert – auf Teufel komm raus.

Warum fühlt sich der Papst von der lesbischen Putzfrau und dem schwulen Arzt bedroht? Was hat der Papst dagegen, dass diese Menschen im Privaten glücklich sind? Der Papst hat sich von den Menschen abgewandt. Für ihn sind seine Dogmen wichtiger als das Wohl der Menschen.

Und den Bestrebungen des Papstes, die eigenen Dogmen zur staatlichen Norm in anderen Ländern zu erheben, setzen wir unseren Widerstand entgegen. Daher lautet unser gemeinsames Motto „KEINE MACHT DEN DOGMEN!“.  Lasst uns heute fröhlich und friedlich demonstrieren!

 

Bodo Mende, Vorstand LSVD Berlin-Brandenburg

Rede anlässlich der Demonstration am 22.09.2011 am Potsdammer Platz



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