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Gegen Ausgrenzung von Transgender

Selbsthilfe- und Freizeitgruppe im Saarland

Claudia und John werden heiraten. Das ist an und für sich nicht weiter erwähnenswert, wäre es nicht die erste Eingetragene Lebenspartnerschaft von Transsexuellen im Saarland. Unter den Hochzeitsgästen viele LSVD-Mitglieder und die Transgender-Gruppe aus dem Checkpoint. Denn dort, im Informations‑, Kommunikations- und Beratungszentrum des saarländischen LSVD-Landesverbandes treffen sich Claudia und John einmal im Monat mit anderen Transgender. Damit gibt es nun endlich einen Anlaufpunkt für transsexuelle Frauen und Männer, von dem das Ringen um persönliche Selbstbestimmung und gesellschaftliche Akzeptanz seinen Ausgang nehmen kann.

Der Beratungsbedarf im Saarland ist groß. Innerhalb der schwullesbischen Infrastruktur gibt es kaum Angebote, die sich an Transgender richten. Wenn überhaupt existieren zumeist ausschließlich therapeutische Anlaufstellen, jedoch kaum Selbsthilfe- bzw. Freizeitgruppen. Viele Transgender wandten sich auf der Suche nach Unterstützung an den Checkpoint und so kam die Geschäftsstellenleiterin, Irene Portugall, zu dem Entschluss, eine Transgendergruppe zu initiieren. Das seit Februar bestehende Angebot an jedem ersten Donnerstag im Monat gemeinsam zu schwatzen, zu lachen und sich beizustehen wurde mit großer Begeisterung aufgenommen. Inzwischen kommen etwa zehn Personen regelmäßig zu den Gruppenabenden. Mit dabei ist neben transsexuellen Frauen und Männern auch eine Intersexuelle. Ein Großteil ist Mitte zwanzig, manche gehen noch zur Schule, andere stehen bereits mitten im Leben. Viele fahren extra in die Landeshauptstadt und nehmen dafür Anfahrtswege von über 30km in Kauf.

Bei den bis tief in die Abendsstunden dauernden Treffen wird über alles geredet, was den Anwesenden auf dem Herzen liegt. Hauptthema ist die Transition – die rechtliche Anerkennung bzw. medizinisch begleitete Angleichung an die geschlechtliche Identität. Es werden Adressen von transgenderfreundlichen Ärztinnen und Therapeuten weitergegeben, Hilfestellungen bei der Anerkennung durch die Krankenkassen oder den Ämtergängen angeboten. Manchmal wird jedoch auch einfach auf interessante Bücher, Filme oder Veranstaltungen aufmerksam gemacht oder es werden Schmink‑, Perücken- und Kleidungstipps ausgetauscht. Alle sind froh, Gleichgesinnte gefunden zu haben. Gegenseitig wird sich Mut gemacht und zur Seite gestanden. Wie beispielsweise bei Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen, die für viele der Anwesenden leider zum Alltag gehören. Transgender sind oftmals aufgrund ihrer Erkennbarkeit besonders gefährdet. Das gilt insbesondere für den Zeitraum der Transition. Häufig bleibt es bei möglicherweise aggressiven Blicken oder beleidigenden Ausdrücken, doch eine Teilnehmerin erlebte auch einen körperlichen Angriff, den sie mit Hilfe der Gruppe verarbeiten konnte.

Hilfe findet manche hier auch bei der berühmten Frage „Wie sage ich es meinen Eltern?“. Nach seinem Outing nahm ein Besucher auch seine Mutter mit zum Treffen, da diese mit starker Verunsicherung und Vorbehalten reagierte. Es wurde ein Treffen mit der Mutter von John arrangiert, die von ihren eigenen Erfahrungen erzählt hat und Ängste ausräumen konnte.

Hauptansprechpartnerin für die Gruppe ist inzwischen Tamara Hasslinger, sie erzählt: „Für mich ist die Transgendergruppe ein echter Bestandteil meines täglichen Lebens geworden. Ich fühle mich mit der Gruppe auch im Alltag verbunden, habe Freundinnen und Freunde, darüber kennen gelernt. Ich selbst kam anfangs als Hilfesuchende in die Gruppe und fand dort die benötigten Ratschläge und viel Unterstützung. Es ist gut zu wissen, dass sich der LSVD Saar mit uns Transgendern und unserem Engagement für Anerkennung und gegen Ausgrenzung solidarisiert.“

Kontakt: Tamara Hasslinger (tamara.hasslinger@t‑online.de) oder Irene Portugall (info@checkpoint-sb.de )

 

 Markus Ulrich, LSVD-Pressestelle 



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