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LGBTI-Advocacy beim UN-Menschenrechtsrat

Online Talk mit Julia Ehrt, ILGA World und Helmut Metzner, LSVD am 2.6.2020

In der Auftaktveranstaltung der Veranstaltungsreihe: „Leave no one behind! Entwicklungszusammenarbeit und LGBTI Perspektiven“ gibt Julia Ehrt, Programmdirektorin des Dachverbandes ILGA World (International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association), zu Beginn einen Überblick über den Aufbau und die Aufgaben des Menschenrechtsrats und der Aktivitäten von ILGA

Einladung

Der UN-Menschenrechtsrat in Genf

Der Menschenrechtsrat ist das Hauptgremium der UN für Menschenrechte und hat eine alternierende Besetzung, 47 Mitgliedsstaaten der UN bilden jeweils für drei Jahre das Gremium. Seit dem 1.1.2020 ist Deutschland wieder vertreten, das eröffnet auch mehr Einflussmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft in Deutschland.

Das Gremium tagt drei Mal jährlich, ein zentrales Verfahren ist der UPR-Mechanismus (Universal Periodic Review). Beim UPR werden alle Staaten alle vier bis fünf Jahre in Bezug auf die Menschenrechtssituation untersucht. Dabei ist die Zivilgesellschaft involviert, etwa mit Schattenberichten,  das sind Parallelberichte von Nichtregierungsorganisationen (NROs) zu den offiziellen Staatenberichten. ILGA unterstützt zivilgesellschaftliche Organisationen bei der Erstellung und Einreichung dieser Schattenberichte. Diese können von einer oder mehreren NROs gemeinsam eingereicht werden. Zudem lädt ILGA Aktivist*innen nach Genf ein, um sicherzustellen, dass vor Ort Berichte aus erster Hand über die Situation von LGBTI in den untersuchten Ländern zu hören sind.

ILGA World in Genf 

Zu den Aufgaben von ILGA World in Genf gehört die Koordination der LGBTI Zivilgesellschaft und direkte Lobbyarbeit. Als Beispiel nennt Julia Ehrt die erfolgreiche Erneuerung des Mandats des Sonderberichterstatters für LGBTI.

Screenshot: Vortrag

ILGA gibt Statements ab und verfasst auch selbst Berichte. Gerade wurden Berichte über LGBTI und Covid-19 und die Auswirkungen der Krise sowie zum Stand der Dinge beim Verbot von Konversionstherapien in verschiedenen Ländern erstellt.

An den Sitzungen der zehn Vertragsorgane, Treaty Bodies, die die Implementierung der zehn Menschenrechtsverträge überwachen und Länderberichte verfassen, nimmt ILGA teil. Auch hier involviert ILGA Aktivist*innen aus den Ländern und unterstützt beim Erarbeiten von Schattenberichten.

Die Themen LGBTI und sexuelle und reproduktive Rechte sind aktuell die am kontroversesten diskutierten Themen im Menschenrechtsdiskurs. Um sicherzustellen, dass das Thema nicht unter den Tisch fällt, ist eine ständige Lobbyarbeit von ILGA essentiell. Kontakte zu LGBTI freundlichen Mandatsträger*innen und Organisationen werden aufgebaut und verstetigt.

ILGA nimmt an vor Ort an diversen Events teil, organisiert selbst Side Events und bringt Aktivist*innen mit Mandatsträger*innen für einen direkten Austausch zusammen.

ILGA und die LGBTI Community

Diskutiert wurden die Möglichkeiten des ECOSOC-Beraterstatus (Economic- and Social Council). Dieser sichert Nichtregierungsorganisationen Zugang zu Menschenrechtsratssitzungen, um Statements abgeben zu können. Der LSVD nutzt diesen Status und strebt hier eine engere Kooperation mit ILGA an.

Julia Ehrt führt aus, dass Deutschland vom Kinderrechtskomitee in Bezug auf Menschenrechtsverletzungen untersucht werden wird. 

Auch für den UPR zu Deutschland ist ein Schattenbericht wichtig. ILGA regt an eine Kooperation mehrerer Menschenrechtsorganisationen an, um gemeinsam an Schattenberichten zu arbeiten. 

Do no harm! Menschenrechte und Entwicklungszusammenarbeit

Screenshot: Diskussion

Der „Do no harm“ Ansatz muss immer beachtet werden. Wichtig ist, dass NGOs aus Geberländern mit den Organisationen aus dem Globalen Süden vernetzt sind. Wichtige Entscheidungen müssen vor Ort, in Ländern, in denen Projekte durchgeführt werden, vorbereitet und getroffen werden. 

Auf der internationalen Ebene werden die Menschenrechtsfragen in Genf beim Menschenrechtsrat verhandelt, die SDGs (Ziele für nachhaltige Entwicklung) dagegen bei der UN-Vollversammlung in New York. Beide Mechanismen ergänzen sich gegenseitig und müssen als eine Einheit betrachtet werden. 

In Deutschland sollten sich Menschenrechtsthemen und Entwicklungszusammenarbeit stärker miteinander verbinden und alle Beteiligten müssen beide Themen im Blick zu haben.

Dazu arbeitet seit vielen Jahren die Yogyakarta Allianz, ein zivilgesellschaftliches Bündnis, das sich für die Menschenrechte von LGBTI in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, der Außenpolitik und bei international tätigen zivilgesellschaftlichen Organisationen einsetzt. Die Allianz fordert seit ihrer Gründung 2012 ein LGBTI-Inklusionskonzept für die auswärtigen Beziehungen und hat dazu einen Forderungskatalog erstellt.

Ausblick

Screenshot: Treaty Bodies

Die Rolle der Zivilgesellschaft bei der besseren Verankerung der Menschenrechte in der Entwicklungszusammenarbeit wurde aufgezeigt. ILGA als international tätiger Dachverband ermuntert die deutsche LGBTI-Community mitzuwirken und Impulse zu setzen, z.B. bei der Erarbeitung von Schattenberichten und bei den Sitzungen des UN-Menschenrechtsrates. Zudem müssen Bundesregierung und Durchführungsorganisationen gerade in Krisenzeiten immer wieder an die Stärkung der Menschenrechte auch für LGBTI und andere vulnerable Gruppen erinnert werden. Humanitäre Hilfe ohne Einhaltung der Menschenrechtsprinzipien kann nicht nachhaltig sein. Die Belange von LGBTI sind dabei kein Randthema, sondern ein Gradmesser für den Menschenrechtsstand in den jeweiligen Ländern.

Weiterführende Links:

Website des UN-Menschenrechtsrats in Genf- United Nations Human Rights Council (engl.)

Website von ILGA World in Genf

ILGA-Berichte über LGBTI und Covid-19 und die Auswirkungen der Krise und zum Verbot von Konversionstherapien

Der Unabhängige UN-Experte für SOGI

Website der Yogyakarta-Allianz

Forderungskatalog zur Inklusion von LSBTI in die EZ: 13-Punkte-Papier

Chronologie der Forderung nach einem LSBTIQ*-Inklusionskonzept für die Auswärtige Politik und Entwicklungszusammenarbeit 

In der Reihe „Leave no one behind! Entwicklungszusammenarbeit und LGBTI Perspektiven“ werden in vier weiteren Veranstaltungen unterschiedliche Aspekte des Themas diskutiert. So wird die Arbeit deutscher NGOs, postkoloniale Ansätze und kritische Fragestellungen ein LGBTI-Projekt in der Entwicklungszusammenarbeit vorgestellt.

Gefördert von ENGAGEMENT GLOBAL

Mit Mitteln des BMZ

BMZ

Für den Inhalt ist allein der LSVD verantwortlich. Die dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von Engagement Global oder des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder



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