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Präsident der Fachhochschule Frankfurt fordert Gleichstellung

Statement des Präsidenten der Fachhochschule Frankfurt am Main zur Anhörung im Innenausschuss des Hessischen Landtags

Antrag Drucksache 18/6256 für ein Gesetz zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften im hessischen Landesrecht der Fraktion BÜNDNIS 89/DIE GRÜNEN

Dr. Detlev Buchholz - Foto: PrivatSehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Abgeordnete, meine Damen und Herren,

ich möchte die Argumentation der Antragstellerin anreichern mit einer Schilderung, wie eine etwaige Ablehnung des Antrags auf Betroffene wirkt, und welche Signale davon in die Gesellschaft ausgehen:
Die Debatte über die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften hat durch jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wissenschaftlich wie rechtlich neue Evidenzen zu berücksichtigen (die mir ganz nebenbei mein Leben lang klar sind: Ein Leberfleck auf dem rechten Oberarm oder Linkshänder-Sein ist ebenso wenig ein Grund für die Verwehrung von Rechten wie Homosexualität – es wäre fast belustigend, wenn es nicht so traurig wäre, dass man zu dieser banalen Erkenntnis erst nach jahrzehntelanger wissenschaftlicher und rechtlicher Untersuchung durchringen kann).
Daher möchte ich zunächst ganz allgemein erklären, dass ich jedwede Argumentation gegen eine Gleichstellung mit meinem, von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägten Verfassungsrechtsverständnis jetzt vollends in keiner Weise mehr nachvollziehen kann:
Die Gleichbehandlung der Bürgerinnen und Bürger, die in Eingetragener Lebenspartnerschaft leben, mit denen, die in der Ehe leben, berührt Art. 6 Abs. 1 GG gar nicht. Das Bundesverfassungsgericht wendet Art. 6 Abs. 1 GG an, um zu beurteilen, ob die Ehe gegenüber einer anderen Form des Zusammen- oder gegenüber dem Alleinleben benachteiligt wird. Eine Benachteiligung der Ehe durch die Eingetragene Lebenspartnerschaft besteht nicht. Die Ungleichbehandlung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft, der „Homo-Ehe“, prüft das Bundesverfassungsgericht an Art. 3 Abs. 1 GG. Es hat bislang keinen sachlich zwingenden Grund gefunden, der eine Ungleichbehandlung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe rechtfertigen würde.
Der dauerhafte Verweis darauf, dass man die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung eben politisch nicht wünsche, beeindruckt das Bundesverfassungsgericht nicht sonderlich. Hier zählt dann doch das Argument und nicht die Ideologie.
Rechtliche Diskriminierung ist aber dem Gesetzgeber verwehrt. Die Umsetzung von Menschenrechten ist eben keine Gewissensfrage sondern Verfassungsgebot.
Ich würde mich persönlich und als Präsident der Fachhochschule Frankfurt freuen, wenn Sie dieses bei Ihrer Entscheidung bedenken und mit dem Stattgeben des Antrags, was ohnehin rechtlich geboten, zusätzlich ein entsprechendes Signal der Erkenntnis und Wertschätzung geben.
Die immer wieder spürbare ablehnende Haltung gegenüber der Gleichbehandlung Eingetragener Lebenspartner mit Ehegatten verletzen die Betroffenen persönlich.
Ich lebe seit vielen Jahren in einer stabilen Eingetragenen Lebenspartnerschaft und diene dem Land Hessen als Präsident in einer der größten Fachhochschulen der Bundesrepublik. Mein Ehemann – so nenne ich ihn, weil ich es nicht anders empfinde — ist Professor in Hessen und forscht am kulturellen Erbe des Landes. Insoweit kann ich beurteilen, dass sich viele Hessinnen und Hessen, die Tag für Tag konservative Werte in der Eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und füreinander in allen Höhen und Tiefen des Lebens Verantwortung füreinander übernehmen, durch die vorgenannte ablehnende Haltung als Menschen zweiter Klasse behandelt fühlen.
Ich empfinde ablehnende Argumentationen an dieser Stelle nicht auf den im Kon-servativismus angelegten gesellschaftlichen Zusammenhalt sondern auf Ausschließung gerichtet. Zugespitzt habe ich den Eindruck, dass man mich und viele andere lesbische Hessinnen und schwule Hessen nicht als selbstverständlichen Teil der Gesellschaft ansehen wollen.
Ich bin aber nicht nur Anwalt in eigener Sache: Ich stehe heute hier, weil die von mir geleitete Hochschule bekanntermaßen sehr sensibel für Ungleichbehandlung und für die Ausgrenzung von Minderheiten ist. Unsere Forschungsergebnisse hierzu zeigen erschreckende soziale, gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden, die durch Exklusion verursacht werden. Wir widmen uns in der Forschung intensiv der Frage, wie der gesellschaftliche Zusammenhalt in einer immer diverseren Gesellschaft gestärkt wird. Hier liegen große Aufgaben und Chancen. Jede Form von Diskriminierung steht diesem Zusammenhalt entgegen.
Ich appelliere an die Regierung, ihre Verantwortung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und nicht für Diskriminierung einzusetzen. Dem Antrag stattzugeben wäre ein erstes, wichtiges Signal.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

7. März 2013 [[Es gilt das gesprochene Wort]]

Dr.-Ing. Detlev Buchholz

Präsident der Fachhochschule Frankfurt am Main

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