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Ich habe mich da ja quasi geoutet“

Gudrun Zollner: Botschafterin der CSU für das Thema Homosexualität

Gudrun-Zollner - Foto: Anna Leopolder

Am 20 März sprach Gudrun Zollner MdB (CSU) auf dem Fachtag „Homosexualität und Familie“ als Vertreterin der Union im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Sie diskutierte mit Wolfgang Barth (AWO) und Hiltrud Stöcker-Zafari (Verband binationaler Paare), wie das Thema Homosexualität in Familienarbeit und Familienberatung zu integrieren ist. Bei dieser Gelegenheit berichtete Zollner erstmals öffentlich von dem Coming-out ihres Sohnes. Zollner wohnt in Wallersdorf, einem Ort mit 7.000 Einwohnern im niederbayerischen Dingolfing-Landau.

respekt!: Frau Zollner, Sie haben zwei Söhne. Wie alt sind die beiden?
Gudrun Zollner: Der Ältere ist diesen Monat 23 geworden, der jüngere wird dieses Jahr 22.

Einer Ihrer Söhne ist schwul, erinnern Sie sich, wie es war, als er Ihnen das erzählt hat?
Er hat es mir gar nicht erzählt, ich habe ihn darauf angesprochen, als er etwa 15 war. Dass mein Sohn anders ist, anders auch als der zweite, war mir immer klar. Er war sehr froh, dass ich auf ihn zugekommen bin.
Klar kamen auch Bedenken, wie das so in einem niederbayerischen Ort verlaufen wird. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, ob er es schwer haben wird. Wir sind dann immer offen damit umgegangen, haben als Familie Geschlossenheit gezeigt. Wenn man gemeinsam auftritt, nimmt man anderen den Wind aus den Segeln. Mein schwuler Sohn hat sich mit 22 selbstständig gemacht, einen Laden im Ort eröffnet. Er wird ganz
selbstverständlich akzeptiert.

Wie haben Nachbarn, die Menschen in der Stadt oder die Parteifreunde reagiert?
Ich gehe mit dem Thema nicht hausieren. Auch im Wahlkampf war das nie Thema. Die meisten wissen es nicht. Man muss etwas vorleben und nicht provozieren.

Auf dem LSVD-Fachtag haben Sie für Ihr Statement „Ich bin stolz auf meinen Sohn!“ großen Applaus bekommen. Wie war das für Sie?
Gudrun-Zollner - Foto: Anna LeopolderDas war ein sehr bewegender Moment, ich habe mich da ja quasi geoutet. Der Applaus hat mir gut getan. Ich hatte mit meinem Sohn abgesprochen, dass ich unsere Situation erwähnen würde, wenn das Gespräch darauf kommt. Ich wollte einfach anderen Familien Mut zusprechen, ihre Kinder zu unterstützen. Gefreut habe ich mich auch, weil ich selten die Möglichkeit bekomme, die Arbeit der Union positiv darzustellen. Der LSVD hat mich eingeladen und mich ausreden lassen. Das hätte auch ganz anders verlaufen können, häufig werde ich gleich in eine Ecke gestellt, man meint zu wissen, was die CSU denkt. Das war schön, ein
emotional toller Moment.

Alexander Dobrindt, heute Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, hat 2013 Homosexuelle als „schrille Minderheit“ bezeichnet. Haben Sie einen schrillen Sohn und einen, der nicht schrill ist?
Gerade kürzlich habe ich Alexander Dobrindt in einem langen und sehr offenen Gespräch auf diesen Artikel hin angesprochen. Ich habe ihm gesagt, dass ich mich als Botschafterin der CSU für das Thema Homosexualität anbiete. Er hat mich bestärkt: „Mach das!“
Und übrigens: Als schrill bezeichnet zu werden, bedeutet für mich nicht automatisch, homo­sexuell zu sein.

Kennt Herr Dobrindt Ihre familiäre Situation?
Vermutlich nicht. Warum auch, ich muss doch kein Alibi haben, um mich zu engagieren. Ich mache das, weil ich überzeugt bin. Wenn es um Schwerpunkte oder Ziele geht, wie etwa neulich bei der Klausurtagung der Union, sage ich immer, dass ich mich für Alleinerziehende und Homosexuelle einsetzen will. Da hat noch niemand gefragt, warum. Ich möchte, dass es einfach eine Selbstverständlichkeit ist.

Das Gespräch führten 

 Axel Hochrein (LSVD-Bundesvorstand) und Renate Rampf (LSVD-Pressesprecherin)



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