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Katholische Kirche und Homosexualität

Bischof Ackermann in SaarbrückenLSVD trifft Bischof Dr. Ackermann

In seiner Veranstaltungsreihe „Wessen Segen brauchen wir?“ hatte der LSVD Saar auch den Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann zu einer öffentlichen Veranstaltung in die Saarbrücker Congresshalle eingeladen. Vor dem letzten Besuch von Papst Benedikt XVI. hatte ein Gespräch des LSVD Berlin-Brandenburg mit dem Berliner Bischof Rainer Maria Woelki noch hinter verschlossenen Türen im kleinen Kreis stattgefunden. Dies war nun die erste öffentliche Diskussionsveranstaltung.

Schon im Vorfeld hat diese Veranstaltung für große Aufmerksamkeit gesorgt. Der Bischof traut sich was, der hat Mut, der kann doch da keinen Blumentopf gewinnen, so die Reaktionen. Sehr wenige hatten damit gerechnet, dass Bischof Ackermann die Einladung annehmen und wirklich kommen würde. Bei einem Besuch des LSVD-Landesvorstandes ein Jahr zuvor im Trierer Bistum wurde das „Date mit dem Bischof“ abgesprochen.

Über 150 Interessierte kamen dann tatsächlich, darunter auch zahlreiche Journalisten und Journalistinnen von Lokalmedien bis hin zur dpa, dem Evangelischen Pressedienst und der Katholischen Nachrichtenagentur. Moderiert wurde die Veranstaltung sachlich, engagiert, aber auch witzig und unterhaltend vom Journalisten Christian Langhorst, der auch dem Vorstand des LSVD Saar angehört.

Die frohe Botschaft kam kurz vorm Schluss: Niemand könne sich für die „Homoheilung“ auf die katholische Kirche berufen. Homosexualität sei auch für die Kirche keine Krankheit. Das sei nicht nur seine Meinung, sondern es gebe „keine amtliche Rückendeckung für Homoheilung“. Die katholische Kirche und ihre Angestellten treten Homo‑, Trans- und Intersexuellen „mit Respekt und Wertschätzung, nicht ablehnend“ gegenüber. Getroffene Hunde bellten schon am nächsten Tag im Netz: Der Bischof würde ihre Arbeit nicht unterstützen, Homosexuelle auf den erwünschten Weg zur Heterosexualität zu bringen. Da haben sie recht. Es gibt nach Bischof Ackermann nichts zu heilen: „Ich muss meine sexuelle Identität annehmen, wie immer sie auch aussehen mag.“ Eigentlich nur eine Selbstverständlichkeit, aber von Bischöfen bislang selten zu Gehör gebracht.

Der Bischof kam zur Veranstaltung und wollte „hörbereit sein, sich besser verstehen“. Viele Themen wurden angesprochen und es war interessant zu hören, was der Bischof sagte oder auch nicht sagte, wie er sich teils windete, kaum konkret fassbar blieb.

Nach dem per Video eingespielten Interview mit der Leiterin des LSVD-Regenbogenfamilienprojektes Dr. Elke Jansen fand er eine Familie aus Vater, Mutter und Kind gut, um dann aber zu betonen, dass Kinder auch in Regenbogenfamilien gut aufwachsen können. Das sei „auch in anderen Zusammenhängen (gemeint gleichgeschlechtliche Eltern) nicht abzustreiten“. Regenbogenfamilien sind „dem Kindeswohl nicht abträglich, da habe ich keinen Bekehrungsversuch“.Hasso Müller-Kittnau, LSVD Saar und Bundesvorstand

Ein Schwerpunkt des Abends war der Saarbrücker Appell, wonach der Bischof öffentlich erklären sollte, Beschäftigte der katholischen Kirche in seinem Bistum wegen der Eingehung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht zu entlassen und sich für die Aufhebung eines entsprechenden Beschlusses der Bischofskonferenz von 2002 einzusetzen. Diese Forderung hatten auf der CSD-Podiumsdiskussion mit Landtagsabgeordneten, mit CDU, SPD, Linken, Grüne, Piraten und die FDP alle Parteien unterstützt.

Arbeitsrechtlich stellt nach Beschlusslage der katholischen Kirche eine Verpartnerung einen „schweren Loyalitätsverstoß“ (mit Folge der Entlassung) dar. Auch nach mehrfacher Nachfrage erklärte Bischof Ackermann nicht, wie er selbst diese Situation findet. Er verurteilte Lebenspartnerinnen bzw. ‑partner nicht, erklärte Zusammenhänge mit dem gewünschten katholischen Profil der Beschäftigten, aber er sagte auch mit keinem Wort, dass er den 12 Jahre alten Beschluss richtig fände. Mehr ist wahrscheinlich von einem Bischof in einer öffentlichen Veranstaltung auch nicht zu erwarten. Aber immerhin erfuhr das Publikum, dass um diese Frage der Loyalität in der Bischofskonferenz „hart gerungen“ werde. Die Diskussion scheint nicht abgeschlossen zu sein. Einem Beschäftigten der Kirche, der konkret nachfragte, weshalb er mit seiner bald geplanten Verpartnerung illoyal gegenüber der katholischen Kirche sei, antwortet Ackermann: Gegenüber der Kirche wäre das sicherlich nicht der Fall, hier ginge es nur um eine arbeitsrechtliche Beschreibung. Immerhin. Der Bischof will den Appell mitnehmen und in Diskussionen einfließen lassen. Der LSVD Saar wird dies aufmerksam verfolgen.

Die katholische Zusatzversorgungskasse in Köln hatte den drei Hinterbliebenen von verstorbenen Angestellten die Witwer(n) Bezüge verweigert, weil die Eingetragene Partnerschaft heimlich eingegangen worden sei. Nach der Diskussion wies Bischof Achermann darauf hin, dass das nicht mehr geschehen werde. Was er nicht sagte oder nicht wusste : Es gab drei von LSVD-Bundesvorstand Manfred Bruns betreute Rechtsverfahren diesbezüglich und die Kirche hat alle Prozesse verloren. Gute Argumente allein helfen nicht, da hilft engagiertes Streiten für Rechte am Arbeitsplatz, auch über die Gerichte.

Interessant waren auch Erfahrungen im Vorfeld der Veranstaltung. So wurde ein Interview als Videobeitrag eingespielt, wo der Dekanatsreferent des Dekanats Saarbrücken Dr. Thomas Equit zur Überraschung seines vorgesetzten Bischofs sagte: „Wir versündigen uns als Christen und Kirche“ Homosexuellen gegenüber. „Ich finde, das geht gar nicht“. Auf einer anderen Podiumsdiskussion des Dekanats Saarbrücken zum gleichen Thema war niemand willens, die Aussagen der katholischen Kirche zur Sexualmoral zu unterstützen. Wenn man das wolle, brauche man gar nicht erst in Schulen zu gehen. Ein anderer Mitarbeiter der Kirche: „Ich bin sehr betrübt, dass meine Kirche, soviel Leid bei Homosexuellen hervorruft.“ Bischof Ackermann betonte, dass er das nicht gewusst habe und ihn sehr beschäme und bedrücke.

Doch wer von der Veranstaltung Wunder erhofft hatte, wurde enttäuscht. Es bedarf viel mehr als ein einmaliges Gespräch, um in einer Institution wie der katholischen Kirche etwas zu bewegen. Ob ein Ende der Diskriminierung erreicht werden kann, ist mehr als fraglich. Die automatische Entlassung nach der Verpartnerung könnte aber bei entsprechendem öffentlichem Druck fallen.

Beim Date hat es nicht gefunkt. Aber trotzdem soll es noch weitere geben.

Hasso Müller-Kittnau
Mitglied im Landesvorstand und Bundesvorstand

Hier 80 Minuten gekürzte Filmaufzeichnung der zweistündigen Diskussionsveranstaltung



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