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Vier kriegen ein Kind“

Vier kriegen ein Kind (c) ARD DegetoInterview mit dem Drehbuchautor Volker Krappen

Mit „Vier kriegen ein Kind“ zeigt die ARD am Freitag, dem 06. März zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr einen Film über das Werden und Sein einer Regenbogenfamilie. Dabei machen sich ein lesbisches und ein schwules Paar auf den Weg, eine eigene Familie zu gründen und landen ungeplant gemeinsam in einer Queerfamily. Wir sprechen mit dem Drehbuchautor und Produzenten Volker Krappen.

Was hat Sie motiviert, ein Drehbuch für einen Film wie „Vier kriegen ein Kind“ zu schreiben? Gab es einen bestimmten Auslöser für die Idee?

Volker Krappen: Die anfängliche Idee, eine Dramedy über eine Regenbogenfamilie zu machen, hatte meine Partnerin und Mitproduzentin Claudia Krebs. In unseren Filmen versuchen wir ja immer, zeitgemäße Inhalte mit einer Mixtur aus Komödie und Drama aufzugreifen. Und auch hier bestand die Herausforderung darin, die Thematik auf eine Weise zu behandeln, die unterhaltend ist ohne flach zu sein. Zwar gibt es in unserem persönlichen Umfeld keine konkrete Regenbogenfamilie, die Pate gestanden hätte. Aber es gibt da natürlich vielfach das Thema Kinderwunsch: mit den verschiedenartigsten Realisierungsstrategien, von reproduktionsmedizinischer Unterstützung bis zur Pflegekindschaft. Als (Komödien-)Autor hat mich an unserer Regenbogenfamilien-Story in „Vier kriegen ein Kind“ ganz besonders die dramaturgische Prämisse des ungeplanten Zusammenkommens der vier Beteiligten gereizt und motiviert: das Zusammenstoßen und Zusammenwachsen von höchst gegensätzlichen Charakteren, die ihre familiären „Synergien“ erst sukzessive entdecken müssen. Das eigentliche emotionale Thema von „Vier kriegen ein Kind“ ist ja der Gedanke der „Gemeinschaft“. Vielleicht besteht darin die besondere Qualität der Regenbogenfamilie als modernem Familienmodell: dass man sich zu, in gewisser Weise, idealistischen Zweckgemeinschaften zusammentut.

Vier kriegen ein Kind (c) ARD DegetoFür Lesben und Schwule ist die Realisierung des Kinderwunsches in Deutschland immer noch nicht so einfach. Hat Sie etwas bei Ihren Recherchen zum Thema erstaunt?

Volker Krappen: Erstaunlich ist zum Beispiel die schwer durchschaubare rechtliche bzw. standesrechtliche Sachlage bei der ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung, der assistierten Reproduktion, für die es zudem in den Bundesländern unterschiedliche Bestimmungen und Richtlinien gibt. Die Benachteiligung von nicht-klassischen Paar- und Elternkonstellationen bei der Kinderwunschbehandlung und ‑realisierung ist auf jeden Fall erstaunlich, weil sie mir ungerecht und unzeitgemäß vorkommt. An der gesellschaftlichen Realität und der Vielfältigkeit des modernen Familienlebens und Elternseins geht das jedenfalls vorbei.

Was war Ihnen bei der Darstellung von Neele, Steff, Jens und Kalle wichtig? Wie haben Sie versucht, bestehende Klischees und Stereotypen über Lesben und Schwulen zu umschiffen?

Volker Krappen: Bei der Darstellung von Figuren versucht man ja eigentlich immer, nach Möglichkeit nicht in Klischees zu verfallen. In „Vier kriegen ein Kind“ wird viel mit Dialogwitz und Situationskomik gearbeitet, mitunter zugespitzt, aber so, dass alles dennoch „realistisch“ im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Charaktere bleibt und nicht unmäßig überzeichnet wird, jedenfalls war das die Absicht. Eine abstempelnde Vergabe von Klischeeberufen und ‑attitüden stand daher nie zur Disposition. Die Protagonisten sollen mit ihren ganz normalen Macken, Neurosen und Befindlichkeit vielmehr identifikationsstark für jeden sein. Sowohl in der Figurenzeichnung des Drehbuchs, als auch in der Figureninszenierung des Films durch Regisseur Matthias Steurer ging es um eine solche Normalität und Selbstverständlichkeit. Was unsere vier Helden bei ihrem Regenbogenfamilienabenteuer erleben und erleiden, wie sie emotional drauf sind, reagieren und agieren – das sollte jeder nachvollziehen können, und in dieser Perspektive spielt es gar keine zentrale Rolle, dass die Filmfiguren lesbisch und schwul sind.

Regenbogenfamilien sind auch in Deutschland zunehmend präsent, wenn auch nicht immer akzeptiert. Denken Sie ein Film wie „Vier kriegen ein Kind“ hat die Kraft bestehende Vorurteile aufzuweichen? Gibt es etwas, was die Zuschauer/innen mitnehmen sollen?

Volker Krappen: „Vier kriegen ein Kind“ ist ja kein ambitiöser Thesenfilm, sondern eine – hoffentlich amüsante und bewegende – Gesellschafts- und Beziehungstragikomödie, die in der Primetime des Ersten Deutschen Fernsehens erstausgestrahlt wird. Umso mehr könnte die Normalität und Selbstverständlichkeit, mit der die Figuren gezeichnet werden, eine Aussagekraft in die Breite haben: nämlich, dass das alles gar nicht so exotisch ist. Im Film gibt es eine Szene, in der Steff, eine der beiden weiblichen Hauptfiguren und werdende leibliche Mutter, eine Auseinandersetzung mitDrehbuchautor und Produzent Volker Krappen ihrer eigenen Mutter hat. Steffs Mutter hatte durchblicken lassen, dass sie Steffs und Neeles Mutterschaft als „widernatürlich“ empfindet, und Steff hält ihrer Mutter vor: „Soll ich dir mal sagen, was widernatürlich ist? Dass man es problemlos hinnimmt, wenn Kinder gedankenloser Hetero-Eltern völlig lieblos aufwachsen – und ausgerechnet bei uns Angst hat, sie kämen zu Schaden!“ Möglich, dass hier ein Punkt mit einer gewisser Überzeugungskraft gemacht wird, den die Zuschauer/innen tatsächlich mitnehmen.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Alles zum Thema Regenbogenfamilien in den verschiedenesten Konstellationen im LSVD-Beratungsführer „Regenbogenfamilien – alltäglich und doch anders.“



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