Stellungnahme des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) Thüringen zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, LT-Drs. 5/6835 vom 06.11.2013
„Niemand darf wegen seiner Herkunft, seiner Abstammung, seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner sozialen Stellung, seiner Sprache, seiner politischen, weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung, seines Geschlechts oder seiner sexuellen Orientierung bevorzugt oder benachteiligt werden.“ — Art. 2, Abs. 3 der Thüringer Landesverfassung ist nicht nur ein großartiges Versprechen für alle Thüringerinnen und Thüringer, sondern auch eine Verpflichtung für die Politikerinnen und Politiker unseres Landes. Gleiche Rechte, Vielfalt und Respekt für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle (LSBTI) sind folglich in Thüringen ausdrücklich verfassungsrechtlich geboten. Diesem Schutz vor Diskriminierung steht jedoch eine Lebenswirklichkeit entgegen, die trotz aller gesellschaftlichen Fortschritte noch zu oft von Ablehnung und Ausgrenzung geprägt ist. Dies gilt auch für den Bereich Schule.
Diskriminierungserfahrungen von LSBTI
Die Europäische Grundrechteagentur (European Union Agency For Fundamental Rights 2013) hat für eine Studie 93.000 LSBTI in ganz Europa nach ihren Diskriminierungserfahrungen befragt und ist zu erschreckenden Ergebnissen gekommen. Danach gab beinahe jede/r Zweite der Befragten aus Deutschland an, in den letzten zwölf Monaten aufgrund ihrer sexuellen Identität diskriminiert bzw. belästigt worden zu sein. Ausdrücklich wurde auch nach ihren Erfahrungen in der Schule gefragt. 90% der Befragten aus Deutschland gaben an, in der Schule negative Kommentare oder abwertendes Verhalten gegen ein/e Mitschüler/in beobachtet zu haben, die für lsbti gehalten wurde. Geht man davon aus, dass 5–10% der Schüler/innen lesbisch oder schwul sind, dann betrifft das in allen Klassen zumindest ein/e Schülerin. Nicht überraschend ist dann auch, dass sich die wenigstens an der Schule geoutet haben. Negative Erfahrungen im schulischen Umfeld sind für LSBTI offensichtlich an der Tagesordnung. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Schule für viele LSBTI ein Ort ist, an dem sie sich nicht wohlfühlen und keine Unterstützung erfahren (Antidiskriminierungsstelle 2013: 112).