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Anschlag auf die Freiheit

Zum Gesetz gegen die sogenannte „Homosexuellen-Propaganda“ in Russland

In Russland hat auf kommunaler Ebene eine Rekriminialisierung von Homosexuellen stattgefunden“, so Zlata Bossina und Wanja Kilber von Quarteera, dem in Berlin und Hamburg aktiven Netzwerk russischsprachiger Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBT) in Deutschland. Das Verbot sogenannter „Homosexuellen-Propaganda“, das neu in St. Petersburg erlassen wurde, tarne sich als Jugendschutz, sei aber in der Konsequenz eine Menschenrechts-verletzung, die man nicht tolerieren dürfe. Das Gesetz könne als Steigbügel für längst vorhandene Gesetze zur Einschränkung des Versammlungsrechts und der Meinungs- und Pressefreiheit missbraucht werden.

Was bedeutet dies für die LGBT in ganz Russland und den umliegenden Staaten? Wie geht es den Lesben und Schwulen vor Ort und wie können wir sie unterstützen?“, fragte eine Veranstaltung des LSVD Berlin-Brandenburg im Integrationszentrum Harmonie in Kreuzberg. Wir hörten viele persönliche Berichte aus Polen, russischsprachigen Ländern und auch direkt aus Russland. Günter Grau, Medizinhistoriker aus Berlin, legte anschaulich dar, wie sich die heutige Gesetzgebung in St. Petersburg in einer Tradition der Unsichtbarmachung von Homosexualität zu Zeiten der Sowjetunion bewegt. Was ist die Position der jungen Emanzipationsbewegung dazu? Die Aktivistinnnen und Aktivisten von Quarteera betonen, dass die Lebensbedingungen von LGBT in Russland von tiefen Gegensätzen geprägt sind: Nach einer kurzen Zeit der Öffnung, der Legalisierung von Homosexualität und der Streichung von der Liste der Krankheiten, sei nun ein harter Backlash erfolgt.

In der aktuellen Situation sehen Zlata Bossina und Wanja Kilber von Quarteera sowohl eine ernsthafte Bedrohung, aber auch eine Chance. Zwar seien homophobe Strömungen offiziell gestärkt und Gewalt und Diskriminierung nun von höchster Stelle gleichsam legitimiert worden, gleichzeitig empfänden jedoch viele Menschen diesen Rückschritt als Provokation. So gäbe es durch die Verfolgung und Verleugnung auch mehr Zulauf bei den LGBT-Organisationen und offene Sympathie für homosexuelle Menschen.

Was tun? Zwei Strategien wurden diskutiert. Der diplomatische Druck habe im Zuge der europäischen Partnerschaftsabkommen für eine deutliche Verbesserung der gesetzlichen Lage ab den 1990er Jahren geführt. Hier seien die Bundesregierung und auch der Außenminister in der Pflicht, diesen Druck mit aller Deutlichkeit weiterzuführen. Doch auch eine Bottom-Up-Strategie, die auf die Vermittlung von Wissen und Akzeptanzförderung in der breiten Bevölkerung zielt, sei vonnöten. Insbesondere sei es wichtig, lokale Gruppen und Netzwerke auch finanziell zu unterstützen Eine besondere Rolle spielen unbestritten russischsprachige NGOs im Ausland und ihre internationale Vernetzung. Ihre Öffentlichkeitsarbeit ist häufig ein mediales Korrektiv. Quarteera ist dafür ein gutes Beispiel, das Netzwerk von russischsprachigen LGBT, das hier immer mehr gehört wird.

So-Rim Jung

Weitere Informationen und Vernetzung unter miles@blsb.de und quarteera@googlemail.com

 

 



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