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Auf die Plätze, fertig, los

Jörg Steinert (LSVD Berlin-Brandenburg) und Axel Hochrein (LSVD-Bundesvorstand) fordern ein nachhaltiges Programm gegen Homophobie im Sport - Foto: Caro KadatzMit der Forderung für ein nachhaltiges Programm gegen Homophobie im Sport hat sich eine Resolution unseres Verbandstags beschäftigt. War Homosexualität vor ein paar Jahren noch ein absolutes Tabu, wird
es heute wenigstens in Teilen der Sportwelt thematisiert. Um der immer noch vorherrschenden Homophobie im Sport wirksam zu begegnen, bedarf es aber einer abgestimmten und nachhaltigen Aktion, die von den Beteiligten und der ganzen Gesellschaft getragen wird.

Für breite Diskussion sorgte vor kurzem der Tatort in der ARD mit dem Titel „Mord in der ersten Liga“. Im TV passierte das Unvorstellbare: ein Bundesliga-Fußballer outet sich vor laufenden Kameras als schwul und wird beim nächsten Spiel seines Vereins laut bejubelt. Wie furchtbar das momentan noch wäre, zeigt die Reaktion Oliver Bierhoffs, seines Zeichens Manager der DFB Nationalmannschaft. Dieser empörte sich über den Missbrauch der „Prominenz der Nationalelf“ und wertete den Film als „Angriff auf meine Familie – die Familie der Nationalelf“. Man müsse sich nun gegen „gegen haltlose Gerüchte wehren“.

Fast jede Bundesliga-Mannschaft hat ihren schwul-lesbischen Fan-Club, was die männliche Fußballnationalmannschaft angeht, scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis es zum ersten „großen Outing“ kommt.

König Fußball regiert die Welt?

Von allen Sportarten hat der Fußball wohl das größte Potential an Faszination für die Massen. Keine Welt- oder Europameisterschaft ohne Public Viewing, wo das ganze Land mitfiebert. Deshalb ist es ein Erfolg, dass sich gerade hier das Thema Homophobie im Sport entzündet hat. Wenn auch nicht immer aus positiven Beweggründen. Die Jagd nach der Story um den ersten schwulen Star aus der Profi-Liga, der sich outet, gilt immer noch der Sensation, nicht der Bekämpfung von Homophobie. Es geht aber nicht um die Story, es geht darum, eine ablehnende Grundstimmung gegenüber Homosexualität in der Sportwelt zu bekämpfen. Deshalb ist es an der Zeit, dass es einen Aktionsplan gibt, der Homophobie im Sport auf den Ebenen Breiten‑, Fun- und Leistungssport erfasst und bekämpft.

Politik und Dachverbände müssen agieren

Was passiert mit einem Profi-Sportler wenn er sich outet, welche Auswirkungen hat das für Verein und Mannschaft? Diese Fragen, die sich die Verantwortlichen wegen möglicher finanzieller Auswirkungen stellen, sind aber nicht das wirkliche Problem. Es geht darum, dass zukünftig Lesben und Schwule ohne Ausgrenzung und Vorurteile ihre Sportart in ihrem Verein ausüben können. Nur in wenigen Großstädten bietet sich das Angebot an schwul/lesbischen Sportvereinen. Gerade für den jungen Schwulen und die junge Lesbe im Coming-out darf das Erkennen der sexuellen Identität nicht dazu führen, dass es zur Ausgrenzung im Sportverein kommt, dem man oft seit früher Jugend angehört. Der Profi-Bereich ist die Spitze, der Aktionsplan muss aber an der Basis angreifen. Und dazu bedarf es der Zusammenarbeit des für Sport zuständigen Bundesministeriums des Inneren und des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) mit seinen einzelnen Dachverbänden. Nur so lässt sich gezielt Homophobie bekämpfen und die Akzeptanz von Homosexualität im Sport steigern.

Breiter Katalog an erforderlichen Maßnahmen

Angelehnt an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, muss es auch im Sport für alle Verbände verpflichtend sein, Vereinssatzungen und Stadionordnungen so zu ergänzen, dass die Diskriminierung auf Grund der sexuellen Identität verboten ist. So beispielhaft einzelne Aktionen verschiedener Vereine sind, so begrenzt ist ihre Wirkung. Deshalb muss es eine bundesweite Informations- und Aufklärungskampagne zu Homophobie im Sport geben. Organisiert vom zuständigen Bundesministerium und dem DOSB, dem alle Dachverbände der verschiedenen Sportarten angehören. Neben der nationalen Aufgabe muss auch der internationale Aspekt des Sports Beachtung finden. Wünschenswert ist der Einsatz der nationalen Komitees bei internationalen Veranstaltungen wie Olympiaden, Welt- oder Europameisterschaften. Der deutsche Sport muss sich als Anti-Homophobie-Botschafter verstehen. Ein wichtiger Bestandteil des Aktionsplanes muss die Jugendarbeit und Nachwuchsförderung sein. Die Sensibilisierung und Schulung von Trainern und Trainerinnen zum Thema Homosexualität muss ebenso verpflichtend werden, wie die Schaffung von kompetenten Anlaufstellen zum Thema Homophobie in Verbänden und Vereinen.

Für den olympischen Gedanken gilt: „Dabei sein ist Alles!“ Und dieses Motto muss auch für Lesben und Schwule im Sport gelten: dabei sein, statt außen vor.

Axel Hochrein, LSVD-Bundesvorstand



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