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Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Eskalation von Gewalttaten

 Hass durch Gesetze angestachelt

Dorothy Aken’Ova - Foto: Caro KadatzVon “bush fire” ist die Rede. Gemeint sind die homophoben Strafrechtsverschärfungen in Uganda, Nigeria und ihre Auswirkungen auf andere Länder wie Kamerun, Kenia oder Kongo. Die Sorge unserer Freundinnen und Freunde in Afrika vor einer neuen Brutalisierung ihrer Gesellschaften ist groß. Die Lage in Uganda ist katastrophal. Junique Wambya von FARUG spricht von einer regelrechten Hexenjagd, die zurzeit in Uganda stattfindet. Medien berichten voyeuristisch über Verhaftungen, machen sich zu Handlangern der Polizei und wiegeln die Bevölkerung auf. Homophobie werde als politisches Instrument genutzt, um von den eigentlichen Problemen und von politischen Verbrechen, Korruption und Veruntreuung von Hilfsgeldern abzulenken. Ohne die Unterzeichnung des Gesetzes habe Präsident Museveni keine Chance auf Wiederwahl in 2016 gehabt. Er sei von christlichen Gruppen wie den Pfingstkirchen massiv unter Druck gesetzt worden.

Die Trägerin des Menschenrechtspreises der Stadt Nürnberg, Kasha Jacqueline berichtet, dass es nach der Unterzeichnung der Antihomosexuality Bill (AHB) zu einer Eskalation, zu einem Ansteigen der Fälle von Gewalttaten an Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LSBT) gekommen ist. „Die Community ist zerschlagen, oberste Priorität hat nun unser Schutz. Wir brauchen Unterstützung für unsere Sicherheit und müssen Anwälte bezahlen. Leute, die ins Ausland geflohen sind, brauchen Hilfe.“ Kasha spricht von illegalen Verhaftungen, Fällen von Selbstmord, Übergriffen und Todesdrohungen.

Michael N. Kimindu aus Kenia, Gründer der Kirche Other Sheep Africa, berichtet in der Zeitschrift E+Z, dass seit Musevenis Unterschrift „eine Reihe von LSBT nach Kenia geflüchtet“ sind. Viele hoffen, in Europa oder Nordamerika Asyl zu erhalten. Denn auch in Kenia sei die Lage schwierig, man müsse aufpassen, denn einige Mitglieder des Parlaments fordern, „dass unser Land noch strengere Gesetze als die in Uganda erlässt“.

Von ugandischen Flüchtlingen in Ruanda berichtet auch Jean Elie Gasana von Other Sheep. „Sie kommen aus Sicherheitsgründen und haben nichts: Keine Nahrung, keine Unterkunft, keine Medikamente.“ Auch uns erreichen per E‑Mail viele direkte Anfragen aus Uganda, die sich über Asylmöglichkeiten in Deutschland informieren.

Hysterie und Schwulenhatz in Nigeria

Jean-Elie Gasana (Other Sheep Rwanda) Jean-Elie Gasana (Other Sheep Rwanda), Ruanda)

In Nigeria unterzeichnete Präsident Jonathan im Januar das Gesetz mit dem bewusst irreführenden Titel „Same Sex Marriage Prohibition Act“ (SSMPA). Wie Junique Wambya nahm auch Dorothy Aken’Ova im März an einer Reise nach Brüssel teil, die die Friedrich-Ebert-Stiftung in Kooperation mit der Hirschfeld-Eddy-Stiftung durchgeführt hatte. Dorothy nennt den SSMPA ein harmlos daher kommendes Monster, das aber eine Ausgeburt des Teufels ist, „unheimlicher als alle Monster, die unsere Mythen und Märchen hervorgebracht haben“. Nie zuvor gab es so viele Übergriffe: „Der Hass auf Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung wurde durch das Gesetz angestachelt. Zuvor friedliche Nachbarn greifen zu Knüppeln, Eisenstangen, Messern, ziehen durch die Straßen und schreien Parolen über die Ausrottung der Homosexuellen. Sie zerren wehrlose Menschen aus den Häusern, verprügeln sie, wohl wissend, dass niemand ihre Opfer schützt.“ Sie berichtet von einem Vorfall vergangenen März in Lagos, bei dem eine Gruppe von Männern geschlagen, nackt ausgezogen und in einen Gemeindesaal geschleppt wurde, wo man sie dem Mob vorführte. Ein Schild mit der Aufschrift Gay, wurde ihnen um den Hals gehängt. Sie mussten jeweils eine Strafe von 100.000 Naira (440 Euro) zahlen, andernfalls würden sie der Polizei übergeben, angeklagt und für Jahre ins Gefängnis gesteckt.

Auch Präsident Jonathan hatte Popularität eingebüßt, Korruptionsskandale erschütterten seine Partei, Ex-Präsident Obasanjo hatte ihn öffentlich als schwachen Führer kritisiert. Er wollte sein Image aufpolieren. Deshalb unterschrieb er das Gesetz. Dorothy fordert Konsequenzen für die bilaterale Zusammenarbeit. Die Schweizer Konten korrupter Politiker dürften nicht weiter alimentiert werden, sonst mache man sich zum Komplizen solcher Verbrecher. Die derzeitige Situation, so Dorothy, sei trotz aller Grausamkeiten erst der Anfang. Sie wolle sich nicht vorstellen, was erst passiere, wenn eine religiös extremistische Gruppe an die Macht gelange und über solche Gesetze verfüge.

Klaus Jetz, LSVD-Geschäftsführer

Fotos: Caro Kadatz



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