Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen in Hessen soll aufgelöst werden
Das hessische Sozial- ministerium will anscheinend nach Ende der CSD-Saison den Referatsbereich Gleichgeschlechtliche Lebensweisen einstampfen.
Derzeit arbeiten dort vier Beraterinnen und Berater, ihre Honorarverträge sollen gekündigt werden, das wurde den Betroffenen bereits mündlich mitgeteilt. Eine schriftliche Kündigung werden sie vermutlich erst nach dem Fachtag Homosexualität und Alter erhalten, der diesen Freitag (22. Juni 2012) stattfindet.
Dem Vernehmen nach wurde die Kündigung direkt von der Hausspitze, Sozialminister Stefan Grüttner (CDU) verfügt. Anfragen im Büro des Ministers blieben bislang unbeantwortet.
Was soll uns diese Aktion sagen? Während andere Bundesländer Aktionspläne gegen Homophobie konzipieren bzw. umsetzen, wird in Hessen ein gut arbeitender Fachbereich zerschlagen. 15 Jahre lang hat das von Ulrich Bachmann geleitete Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweise gut gearbeitet. Bundesweit ist der Fachtag geschätzt, Expertinnen und Experten aus allen Bundesländern haben mit dem Referat zusammengearbeitet: Es gab „Runde Tische“ zu Themen wie Antidiskriminierung (2011), Regenbogenfamilien (2010), Homophobie (2009) oder Internet (2008), dazu Fachtage zu Themen wie Kirche und Homosexualität (2011), Beratungsangebote für lesbische, schwule, bi- oder transsexuelle Jugendliche (2010), Homosexualität und Migration (2009), junge Lesben und Schwule im Sport (2008).
Trotz der geringen personellen Ausstattung fungierte das Team als gute Verbindung zwischen den Initiativen, Projekten und Einrichtungen. Das Referat war immer eine Ansprechstelle für Lesben, Schwule, Transpersonen und Intersexuelle in die Landesverwaltung. Das soll es nun offenbar nicht mehr geben.
In diesem Jahr hätte der Fachbereich mit diesem besonderen Beratungskonzept sein 15jähriges Jubiläum begangen.
Das seit Jahren schwarz-gelb regierte Hessen ist nie ein Vorreiter für Gleichstellung gewesen. Es hat lange gedauert, bis auch dort die landesrechtliche Gleichstellung erkämpft wurde. Es wäre nun an der Zeit, etwas gegen die gesellschaftliche Diskriminierungen zu machen, gegen Ausgrenzungen, Mobbing und Hasskriminalität vorzugehen und trans- oder intersexueller Menschen zu unterstützen. Aber der Hessische Sozialminister Stefan Grüttner will das nicht. Er signalisiert mit dieser Entscheidung, dass Homophobie und Diskriminierung ruhig weiter gehen können.
Renate Rampf
Hintergrund: Das hessische Sozialministerium geht in Sachen Gleichstellung einen besonderen Weg: Dem zuständigen Jugendreferat sind auf Basis fester Honorarverträge zwei Beraterinnen und zwei Berater zugeordnet, die auch in den LGBT Szenen verankert sind. Insgesamt ist das, nicht zuletzt, weil die Beraterinnen und Berater auf Honorarbasis und somit für den Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen, ein Kostenumfang, der insgesamt etwa einer halben Stelle entspricht.
Angesiedelt waren die Honorarstellen im Referat II 2 “Jugend” des hessischen Sozialministeriums, dem außerdem die Themenbereiche “Soziale Berufe”, “Sekten und sog. Psychogruppen” und eben “Gleichgeschlechtliche Lebensweisen” zugeordnet sind.
Nähere Informationen zu Inhalten und Arbeitsstruktur des Referatsbereichs