Kategorien
Projekte

Ein HIV-Schnelltestprojekt stellt sich vor

Der Kölner Verein Schwips 

Seit Jahren sitzt und arbeitet die Schwule Initiative für Pflege und Soziales (Schwips e.V.) in Köln im gleichen Haus wie die LSVD-Geschäftsstelle und ist seit Anfang des Jahres auch LSVD-Mitglied. Gemeinsam mit der Aidshilfe Köln bieten Schwips ein HIV /Syphilis-Beratungs- und Schnelltestprojekt an. Die gesicherte Anonymität, eine unbedingt vorurteilsfreie und zugewandte Beratung und die lockere Atmosphäre machen das Projekt zu einem niedrigschwelligen Angebot und haben es im Sinne eines Schneeballeffekts innerhalb kürzester weit über die Grenzen Kölns bekannt gemacht. So kommen Teilnehmer wie z. B. Männer, die mit Männern Sex haben (MSM) auch aus ländlichen Regionen; sie fahren mehrere 100 Kilometer, um sich hier beraten und testen zu lassen. Mittlerweile werden pro Jahr ca. 3.000 Beratungen und Tests durchgeführt.

Wie und wo findet der HIV-Test statt?
Das Angebot findet jeden Mittwoch und Donnerstag in der Zeit von 19.00 bis 22.00 Uhr in den Räumen über dem Checkpoint statt; eine Voranmeldung ist nicht notwendig. Jeder Test ist in eine Beratung eingebettet, in welcher die individuellen Risiken geklärt werden und noch einmal über HIV-Infektionswege aufgeklärt wird. Dazu informieren wir auch über andere sexuell übertragbare Erkrankungen (STI), beispielsweise Syphilis und Chlamydien. Dies ist besonders wichtig, weil bei Vorliegen weiterer sexuell übertragbarer Erkrankungen das HIV-Infektionsrisiko stark erhöht ist. Zur Strukturierung und Vorbereitung des Beratungsgesprächs wird ein pseudonymisierter Fragebogen zum Risk-Assessment eingesetzt. Die anschließende Beratung erfolgt durch qualifizierte hauptamtliche Mitarbeitende. Die Beratung dient auch der Entscheidungsfindung der Teilnehmenden, ob eine Testung auf Syphilis durchgeführt werden sollte.

Ziel der Beratung ist, die Kompetenzen der Nutzerinnen und Nutzer für ein erfolgreiches Risikomanagement zu erhöhen. Hierzu ist es notwendig das Bewusstsein für die in der Vergangenheit eingegangenen Risiken in Bezug auf HIV und STI zu schärfen, die jeweiligen Risikosituationen zu reflektieren und alternative Handlungsoptionen für die Zukunft zu entwerfen. Auch die Notwendigkeit wiederholter HIV und STI-Testungen bei Fortbestehen von Infektionsrisiken wird wertfrei thematisiert.

Pro Test wird eine Kostenbeitrag von 10 Euro erhoben, ein evtl. notweniger Bestätigungstest ist kostenlos.

Wer kann sich testen lassen?
Mit dem Angebot wollen wir Menschen erreichen, die ein besonderes HIV-Infektionsrisiko haben. Dies sind in erster Linie MSM. Im Gegensatz zu anderen Projekten dieser Art, testen wir jedoch auch Frauen und heterosexuelle Männer, die sich HIV-Infektionsrisiken ausgesetzt haben. Da wir niemanden vom Test ausschließen, erreichen wir einen hohen Anteil an Menschen, deren Sexualverhalten in Bezug auf Sexualpraktiken oder Sexualpartnerinnen bzw. ‑partner nicht unbedingt einer vermeintlichen „Norm“ entspricht. Sie scheuen daher bisweilen, einer Institution des öffentlichen Gesundheitssystems bzw. einem Arzt ihr individuelles Risiko so deutlich zu schildern, dass sie durch die Beratung einen echten Informationsgewinn haben.

Eine weitere Zielsetzung des integrativen Ansatzes ist aufzuzeigen, dass die Möglichkeit einer HIV- Übertragung und einer HIV-Erkrankung eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung erfordert und sich nicht auf einzelne Gruppen beschränken lässt. Wenn sich die polnische Prostituierte mit Kind im Wartezimmer von einem älteren schwulen Mann beim Ausfüllen des Fragebogens helfen lässt, wird etwas Gemeinsames deutlich. Auch zeigt sich im Rahmen der Beratung fast immer, dass die Kernangst bei der Vorstellung ein positives Testergebnis zu bekommen, die Angst vor Stigmatisierung bzw. dem „sozialen Tod“ ist. Dies zu thematisieren und gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass dies nur von allen gemeinsam verändert werden kann, ist uns wichtig. Auch so kann Diskriminierung entgegen gewirkt werden.

Warum wir nicht in der Sauna oder der Kneipe testen
Vor-Ort-Testungen, beispielsweise in Kneipen, Saunen oder auf Party-Veranstaltungen lehnen wir ab, weil unsere Erfahrung zeigt, dass die Mitteilung eines HIV-positiven Testergebnisses fast immer ein großer Schock ist, der einen geschützten Rahmen notwendig macht und nicht zwischen zwei Kölsch eingebaut werden kann. Studien haben zudem gezeigt, dass Vor-Ort-Angebote häufig so wenig genutzt werden, dass sich die Vorstellung hier Menschen mit einem hohen Risikoverhalten zu erreichen, nicht bestätigt hat. Andere Projekte testen allerdings auch vor Ort, befunden aber ebenfalls nur in der Beratungsstelle.

Wie sicher sind Schnelltests?
Die Durchführung des HIV-Antikörper-Suchtest und des Syphilistests erfolgt durch einen qualifizierten Arzt. Wir arbeiten bei allen Tests mit Antikörper-Schnelltests, die genauso zuverlässig und sicher sind wie herkömmliche Antikörpertests. Achtung Verwechslungsgefahr: „Schnell“ bedeutet nicht, dass man sich nach einem „Risikokontakt“ früher testen lassen kann, sondern nur, dass man nach dem Test auf das Ergebnis nicht so lange warten muss (30 Minuten).

Wenn die drei Monate Wartezeit nach einem Risikokontakt eingehalten worden sind und das Ergebnis negativ ist, ist es sicher. In ganz seltenen Ausnahmefällen kann es vorkommen, dass der Schnelltest (wie die herkömmlichen Tests auch) ein falsch-positives Ergebnis zeigt. Aus diesem Grund wird das Ergebnis vorerst „reaktiv“ genannt. Im Falle eines reaktiven Ergebnisses wird zur Durchführung des notwendigen Bestätigungstests unmittelbar vor Ort noch einmal Blut abgenommen. HIV-positiv ist es erst dann, wenn das Ergebnis durch einen weiteren Test (Westernblot) bestätigt wurde. Falsch positive Ergebnisse können in seltenen Ausnahmefällen vorkommen, weil der Test so hochsensibel ist, dass er beispielsweise auf eine gerade durchgeführte Impfung oder Rheumafaktoren im Blut reagieren kann. Die Blutuntersuchung (Westernblot) nimmt ein externes Labor in Köln vor. Die Mitteilung des bestätigten Ergebnisses erfolgt zeitnah (in der Regel montags) nach Vorliegen des Laborberichts im Rahmen eines persönlichen Beratungsgespräches durch die Beraterin bzw. Berater.

Weitere Infos unter www.schnell-test.de

Ursula Peters
www.schwips-cologne.de



Teile diesen Beitrag: