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Ermutigende Offenheit im Saarland

 Respekt für Vielfalt gehört zum Bildungsauftrag

Veranstaltungsplakat: Deutsch-Mathe-HomosexualitätF  ür uns vom LSVD Saar hat sich ein Kreis geschlossen, als im März der Sexualpädagoge Prof. Stefan Timmermanns im Ministerium für Bildung und Kultur vor vollem Haus darüber sprach, wie Homophobie im schulischen Kontext nachhaltig bekämpft werden kann. Denn bereits 2006 auf dem LSVD-Verbandstag berichtete er über die bisweilen dramatischen Coming-out-Erfahrungen von Jugendlichen. Von den wenigsten wurde die Schule als Ort der Unterstützung erfahren. Mobbing durch Mitschülerinnen und Mitschüler, hilflose Lehrkräfte und die Ignoranz oder Abwertung von nicht-heterosexuellen Lebensweisen gehörten zum schulischen Alltag. Sein Fazit: Aufklärung schafft Akzeptanz. Gleichgeschlechtliche Lebensweisen müssen verstärkt in Gesellschaft und vor allem aber der Schule thematisiert werden. Dabei zählte er auch auf die Arbeit des LSVD. Das hat uns damals tief beeindruckt und so setzten wir einen unserer Schwerpunkte auf diesen Themenkomplex. Heute können wir die Erfolge vorweisen.

So haben wir im Verbund mit pro familia, der AIDS-Hilfe Saar, der Arbeiterwohlfahrt des Saarlandes, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und dem Diakonischen Werk gefordert, die Sexualerziehung an Schulen den gesellschaftlichen Entwicklungen und der modernen Lebenswelt anzupassen. Die von uns mit­überarbeiteten Richtlinien wurden 2013 sogar einstimmig von der Landesregierung verabschiedet. Sie gelten nun als die fortschrittlichsten Unterrichtsvorgaben im Bundesgebiet und wurden der Öffentlichkeit von Bildungsminister Ulrich Commerçon im LSVD-Checkpoint übergeben.

Bereits die Präambel verdeutlicht, dass Respekt für Vielfalt zum Bildungsauftrag an saarländischen Schulen gehört. Die fächerübergreifende Sexualerziehung soll ausdrücklich dazu beitragen, vorhandene Vorurteile abzubauen und zu Toleranz zu erziehen. Hetero‑, Homo– und Bisexualität gelten als „gleichwertige Ausdrucksformen des menschlichen Empfindens und der sexuellen Identität”. Auch Trans– und Intersexualität werden zukünftig Thema im Unterricht. In Fächern wie Deutsch, Fremdsprachen, Kunst, Geschichte, Ethik oder Sozialkunde soll auf Emanzipationsbewegung und Alltag, zunehmende Gleichstellung und fortbestehende Diskriminierungen eingegangen werden. Nicht-heterosexuelle Lebensweisen sind selbstverständlicher Teil der schulischen Auseinandersetzung mit Verschiedenheit, Freundschaft und Liebe. Es sind ironischerweise die homophoben Gegnerinnen und Gegner, die Homosexualität auf Sexualpraktiken reduzieren. Wie sonst ist es zu erklären, dass sie das Thema, wenn überhaupt, nur kurz im Biologieunterricht behandeln wollen?

Schulung für die Lehrkräfte
Zur Umsetzung der Richtlinien und für weitergehende Informationen stehen Ansprechpersonen in Institutionen mit sexualpädagogischen Angeboten zur Verfügung. Seit 2013 bietet der LSVD Saar auch ein Aufklärungsprojekt für Schulen, welches eingeladen werden kann und die persönliche Begegnung und Nachfragen ermöglicht. Darüber hinaus sind alle Lehrkräfte aufgerufen bei Mobbing und Diskriminierung zu intervenieren. Im Rahmen dieser Sensibilisierung und Schulung fand dann auch der Vortrag von Timmermanns statt. Die Anwesenheit des Ministers Commerçon, einigen Landtagsabgeordneten sowie von Vertreterinnen und Vertretern des Landesinstituts für Pädagogik und Medien, der Gesamtlandesschülervertretung, des Lehrerinnen- und Lehrerverbands und unseren Kooperationspartnern wie AWO, AIDS-Hilfe und pro familia sowie zahlreichen Lehrkräften zeigen uns: Das Thema ist im Saarland angekommen und findet breite Zustimmung und Rückendeckung von Zivilgesellschaft, Verbänden und Landesregierung.

Angesichts der so unheimlichen wie homophoben Allianz von streng-gläubigen Evangelikalen, rechtspopulistischen Initiativen sowie FDP und CDU in Baden-Württemberg sollten wir uns also nicht entmutigen lassen, Vielfalt und Respekt in die Schule zu bringen. Der Weg lohnt sich.

Hasso Müller-Kittnau, LSVD-Bundesvorstand



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