Expertinnen kommentieren das 13-Punkte-Forderungspapier an das BMZ
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In vielen Ländern der Welt werden Lesben und Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* massiv diskriminiert, verfolgt und zum Teil mit der Todesstrafe bedroht. Deutschland ist weltweit einer der größten Akteure der Entwicklungszusammenarbeit, hat aber kein Konzept dafür, wie die Lebenssituation von LSBTI verbessert werden kann. Seit 2012 arbeiten wir daran, die Grundlagen für ein Inklusionskonzept für die Entwicklungszusammenarbeit zusammenzutragen. Mit diesem Ziel wurde 2012 auch die Yogyakarta-Allianz gegründet. Im November 2017 hatten wir die Gelegenheit, unsere Vorschläge gegenüber dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Auswärtigen Amt zu präsentieren. Dafür haben wir ein 13-Punkte-Papier entwickelt. Wir wollen, dass die neue Bundesregierung diese Forderungen aufgreift. Sonja Schelper (Geschäftsführerin von filia.die frauenstiftung) und Liz Frank (Women´s Leadership Centre in Windhoek / Namibia) kommentieren zwei Forderungen aus dem Papier.
Forderung 13: Dialogisches Zuwendungsrecht
Sonja Schelper, die Geschäftsführerin von filia.die frauenstiftung begrüßt insbesondere die Forderung Nr. 13 des Papiers, ein dialogisches Zuwendungsrecht zu entwickeln. Nach ihrer Erfahrung ist die Arbeit von Menschenrechtsaktivist*innen oft ganz anders als das Zuwendungsrecht es vorsieht:
„Mehr Spielraum ist für kleine und große Organisationen wichtig: Gerade in der Arbeit von Menschenrechtsaktivist* innen, die häufig verfolgt und in ihrer Arbeit behindert werden, braucht es mehr Flexibilität, auch kurzfristig Planungen zu ändern, auf neue Bedrohungslagen oder auch besondere Chancen reagieren zu können. Es ist unrealistisch und kontraproduktiv, Jahre im Voraus die Anzahl von Workshops und Teilnehmenden detailliert festzulegen. Angemessen wären größere allgemeine Pakete, die nach Bedarf von den Partner*innen konkretisiert und umgesetzt werden. Im Nachhinein wird berichtet und begründet.“
Forderung 10: Sonderprogramm „Kulturen und Kolonialismus“
Liz Frank vom Women´s Leadership Centre (WLC) in Windhoek, Namibia betont, dass die Auseinandersetzung mit der Kolonialverantwortung Deutschlands und der Missionsgeschichte sehr wünschenswert wäre und unterstützt besonders den Punkt 10 „Kulturen und Kolonialismus“:
„Dies ist ein wichtiges Anliegen für Namibia als ehemalige deutsche Kolonie, mit einer langen Geschichte der Missionierung durch Kirchen aus Deutschland. Es gibt bisher wenige Studien zu Gender und Sexualität in den sehr unterschiedlichen Kulturen Namibias in der heutigen Zeit, und noch weniger zur Aufarbeitung der Rolle der deutschen Kolonialmacht und Kirchen in Bezug auf die historische und aktuelle Beeinflussung dieser Kulturen in diesem Bereich. Viele junge Lesben und andere Gruppen erfahren Diskriminierung und Dämonisierung in ihren Kirchen. Sexuelle Handlungen zwischen Männern können immer noch rechtlich bestraft werden. Eine Förderung relevanter Studien sowie der Organisationen, die sich derzeit für wirkliche Gleichstellung in Namibia einsetzen und zusammenschließen, wäre sehr wünschenswert.“
- 13-Punkte Forderungskatalog— Vorüberlegung zu einem LSBTI*-Inklusionskonzept, vorgelegt von HES und Yogyakarta-Allianz
- Chronologie zum LSBTI*-Inklusionskonzept für die Auswärtige Politik und Entwicklungszusammenarbeit — von der Forderung aus der Zivilgesellschaft zum Regierungspapier
- Alle Artikel zum Thema unter dem Tag „Inklusionskonzept“ im Blog