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Die Ehe darf homosexuellen Paaren nicht verschlossen bleiben.”

Olaf Scholz (c) Freie und Hansestadt Hamburg Senatskanzlei

Grußwort des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz zur Benefizgala des Lesben- und Schwulenverbandes Hamburg, Startschuss SLSV und Hein & Fiete

Sehr geehrte Frau Mansberg,
sehr geehrter Herr Preussner,
sehr geehrter Herr Grenz,
sehr geehrter Herr Augsten,
sehr geehrte Gäste,

vielen Dank für die Einladung zu der Gala, ich freue mich, persönlich dabei sein zu können und überbringe Ihnen die besten Wünsche des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg.

Sie haben Enormes geschafft. 25 Jahre bzw. 20 Jahre, das ist für ein schwul-lesbisches Projekt ein ganz beachtliches Alter.  Vor allem, wenn wir uns an die Zeit erinnern, als es losging mit den heute Gefeierten. In Deutschland war einvernehmliche Homosexualität unter Erwachsenen bis 1969 strafbar, vollständig abgeschafft wurde der § 175 StGB erst 1994.

Die strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen gilt inzwischen als Menschenrechtsverletzung. Hartnäckig mahnt der LSVD eine Wiedergutmachung der in der Bundesrepublik, also nach 1945 verfolgten Männer ein.

Hamburg hat 2012 mit einer Bundesratsinitiative Maßnahmen zur Rehabilitierung und Unterstützung gefordert. Wir verfolgen dieses Ziel unverändert. Wir wissen, die Zeit drängt, die Rehabilitierung betrifft Menschen, die heute ein sehr hohes Alter haben.

Kurz vor Ende des letzten Jahrhunderts nimmt die schwul-lesbische Bürgerrechtspolitik Fahrt auf. Die  „Szene“ bricht auf. 1990 ist das Gründungsjahr von Hein & Fiete, dem LSVD auf Bundesebene sowie dem schwul-lesbischen Sportverein „Startschuss“. Es  ist zugleich das Jahr, in dem die World Health Organisation Homosexualität aus dem Verzeichnis der Krankheiten streicht. Die Tradition, zum Gedenken an die Entscheidung der WHO einen Rainbowflashmob zu veranstalten, kommt übrigens aus Hamburg: Es ist eine Initiative des Hamburger LSVD, den es seit 1995 gibt.

Meine Damen und Herren, Hamburg steht für Gleichstellung.

1999 haben wir die Initiative ergriffen und die „Hamburger Ehe“ eingeführt. Zugegeben, das „Gesetz zur Eintragung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften“  der damaligen rot-grünen Landesregierung war vor allem symbolischer Natur. Aber Hamburg machte von Anfang an klar, was andere Bundesländer lange lernen mussten: Der Ort für die Trauung von homosexuellen Paaren ist selbtsverständlich das Standesamt. Und: Die Ehe darf homosexuellen Paaren nicht verschlossen bleiben.

Ein Jahr später beendete die rot-grüne Bundesregierung mit der Eingetragenen Lebenspartnerschaft die Rechtlosigkeit homosexueller Paare. Auch da war der LSVD ganz maßgeblich beteiligt. Die Unterstützung im politischen Raum war mager: Ich erinnere mich noch sehr genau an die schwierigen Debatten im Parlament und in den Ausschüssen.
Die Standesämter in Deutschland sind inzwischen überall für homosexuelle Paare geöffnet, die Ehe noch nicht. Hamburg wird die volle rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit der Ehe weiter verfolgen.

Meine Damen und Herren, Hamburg ist eine Stadt der Möglichkeiten.
Wir machen Politik, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Stadt zu stärken. Diskriminierung, Ausgrenzung und Tabuisierung passen nicht dazu.

Unser Ziel ist es, Teilhabe unabhängig von der sozialen und kulturellen Herkunft, vom Alter, der sexuellen Orientierung und des Geschlechts zu ermöglichen. Wir werden Akzeptanz und Anerkennung der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt fördern. Dafür entwickeln wir gemeinsam mit den schwul-lesbischen Projekten sowie Gruppen von Transgender und Initiativen für Intersexuelle einen Hamburger Aktionsplan.

Recht, Gesellschaft und Individuum – das Engagement für Gleichstellung und Akzeptanz muss alle drei Sphären umfassen.

Hein & Fiete hat das früh erkannt, die Angebote beziehen das Lebensumfeld ein. Dass strukturelle Prävention und Primärprävention zusammen gehören, weil Diskriminierung und Ausgrenzung ein vernüftiges und gesundheitsbewußtes Verhalten verhindern, das haben die Hein & Fietes Hamburg beigebracht.
Bis heute ist Hein & Fiete dicht an der Zielgruppe, die wie wir wissen, sehr vielfältig ist. Die Frauen und Männer, die die Gesundheitsangebote in dem „schwulen Infoladen“  betreuen, genießen ein hohes Ansehen. Behörden, Ämter und die Szene vertrauen auf die Professionalität der Teams. Wie gut die Arbeit ankommt, sehen wir nicht zuletzt in den Beratungszahlen und den vergleichsweise geringen Infektionsraten in Hamburg. Der Senat wird präventive Angebote stärken und die Arbeit von Hein & Fiete weiterhin fördern.

Meine Damen und Herren, was mich an Ihren Projekten und Ihrer Arbeit besonders beeindruckt, ist der hohe Grad an Vernetzung und die Vielzahl der Themen. Sie kümmern sich um die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus, sie arbeiten mit Verbänden und Behörden und organisieren Angebote für Familien.
Ihre Projekte sind Kristallisationspunkte ehrenamtlichen Engagements. Frauen und Männer, die täglich den Mythos der Politikmüdigkeit widerlegen. Ältere und ganz Junge geben Lebenszeit, Geld und Kreativität für den Zusammenhalt in der Stadt und über sie hinaus.

Meine Damen und Herren, die Hansestadt ist auch eine internationale Stadt.
Überall in der Welt stehen Städte vor ähnlichen Herausforderungen, wir lernen voneinander und kooperieren auf unterschiedlichsten Ebenen. Auch die Städtepartnerschaften gehören dazu, wichtig ist, dass diese gelebt werden: mit Freundschaften, Dialogen zu Beruf, Familie und Alltag und die Einbindung der Zivilgesellschaft auf beiden Seiten.
Etwa durch die Jugendprojekte mit St. Petersburg, die der LSVD seit vielen Jahren mit anderen Projekten in Hamburg organisiert. Der Senat unterstützt die erfolgreichen schwul-lesbischen Städtepartnerschaftsprojekte. Und wir wissen auch, dass noch viel gesprochen werden muss, etwa über den Umgang mit Minderheiten. Für Hamburg ist klar, die Städtepartnerschaft schließt alle Bürgerinnen und Bürger ein, eben auch Lesben, Schwule, Transgender und intersexuelle Menschen. Menschenrechte sind unteilbar und universal.

Hamburg ist sportbegeistert.
Mutiges wagen, sich etwas zutrauen, die Stadt um eine neue Perspektive bereichern, das war die Idee zur Gründung des schwul-lesbischen Sportvereins.  Mit Volleyball, Fitness und Fußball hat es begonnen, inzwischen hat Startschuss – sagen wir es mal so – Angebote in fast allen olympischen Disziplinen. Startschuss ist Mitglied im Hamburger Sportbund und sorgt dafür, dass die Hansestadt schon bald Gastgeberin einer Fußball-Europameisterschaft ist.
Gerne habe ich die Schirmherrschaft für die schwul-lesbische Fußball EM übernommen. Hamburg ist ein gutes Zentrum für Sportereignisse.
Ob kleine Turniere oder große internationale Wettbewerbe.

Hamburg hat als Bewerberstadt für die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2024 deutlich gemacht, dass wir für die bunte Republik Deutschland stehen, eine offene, demokratische und tolerante Gesellschaft. Olympische Spiele in Hamburg werden selbstverständlich alle begrüßen: Aktive, Funktionäre und Gäste, egal ob sie homosexuell oder heterosexuell sind. Unsere Arenen erwarten alle.

Der LSVD, der Sportverein Startschuss, Hein & Fiete und viele andere engagierte Bürgerinnen und Bürger zeigen: Hamburg ist bunt. Anerkennung und Respekt gegenüber Minderheiten sind keine Minderheitenthemen. Es ist gut, dass Sie die Stadt immer wieder daran erinnern. Sie machen das prima, Hamburg ist stolz auf Ihre Arbeit.

Schönen Dank.

Es gilt das gesprochene Wort.

» Webseite des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz

» Zur LSVD Gallerie der Jubiläums Gala “Szene , Sport und Safer Sex — Eine Gala, die verbindet”



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