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Haben Samenspender ein Auskunftsrecht?

regenbogenfamilieZum Beschluss des OLG Hamm vom 07.03.2014 (13 WF 22/14)

Das OLG Hamm hat in einem Prozesskostenhilfeverfahren entschieden, dass die Mutter eines durch Samenspende gezeugten Kindes dem Samenspender auf Verlangen Auskunft über die persönlichen Verhältnisse das Kind geben muss, weil der Samenspender  ein berechtigtes Interesse an der Auskunft habe und diese dem Kindeswohl nicht widerspreche. Es sei zwar nicht zu verkennen, dass der Samenspender die Mutter und auch andere Mütter seiner Kinder belästige, wie die im Verfahren vorgelegten Emails bezeugten. Dabei wähle er den Frauen gegenüber auch vulgäre und die Grenze einer Strafbarkeit überschreitende beleidigende Äußerungen. Das beschriebene Verhalten des Samenspenders ändere aber nichts an seiner Vaterschaft und dem ihm grundsätzlich zustehenden Auskunftsanspruch. Die WAZ hat deshalb in ihren Bericht über diesen Beschluss gemeint: „Hunderten lesbischen Frauen, die Mütter werden, aber mit dem Samenspender nichts zu tun haben wollen, bereitet eine Erklärung des Oberlandesgerichts Hamm schlaflose Nächte“. Deshalb möchten wir Folgendes klarstellen:

In der Berichterstattung über den neuen Beschluss des OLG Hamm ist durchweg nicht erwähnt worden, dass der Samenspender seine Vaterschaft rechtlich hatte feststellen lassen und eine Stiefkindadoption abgelehnt hatte. Der Samenspender war also rechtlicher Vater des Kindes. Der Fall unterscheidet sich deshalb nicht von nichtehelichen Paaren mit Kindern, die nicht mehr zusammenleben und bei denen nur die Mutter das Sorgerecht hat. Für solche Fälle bestimmt § 1628 BGB, dass „jeder Elternteil … vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen“ kann, „soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht“.

Der Beschluss des OLG Hamm gilt nicht für Lebenspartnerinnen, die aufgrund einer Stiefkindadoption rechtlich gemeinschaftliche Eltern des Kindes sind. Dann stehen dem Samenspender keinerlei Rechte mehr zu, weil er durch seine Einwilligung in die Adoption auf seine biologische Vaterstellung verzichtet hat.

Der Beschluss gilt auch nicht für Lebenspartnerinnen vor der Stiefkindadoption, solange der Samenspender seiner Vaterschaft nicht anerkannt oder erfolgreich die Feststellung seiner Vaterschaft betrieben hat. Dann hat der Samenspender rechtlich mit dem Kind nichts zu tun. Die Anerkennung der Vaterschaft ist nur mit Zustimmung der leiblichen Mutter möglich.

Das sollten Lebenspartnerinnen bei den Vorgesprächen mit einem Samenspender bedenken. Dabei wird oft  vereinbart, dass der Samenspender — und sein Mann — das Aufwachsen des Kindes als väterliche Bezugspersonen begleiten sollen. Das kann durchaus gutgehen. Aber es kann auch zu Problemen zwischen den Lebenspartnerinnen und dem Vater kommen, wenn z.B. die Lebenspartnerinnen mit dem Kind aus persönlichen Gründen weit weg ziehen wollen oder wenn die Lebenspartnerinnen und der Vater sehr unterschiedliche Vorstellungen über die Erziehung des Kindes haben. Man sollte sich deshalb gut überlegen, wie man die geplante Einbeziehung des Samenspender — und seines Mannes — als väterliche Bezugspersonen des Kindes rechtlich ausgestaltet.

Wenn die Lebenspartnerinnen mit dem Samenspender vereinbaren, dass keine Stiefkindadoption durch die Co-Mutter stattfinden, sondern dass stattdessen der Samenspender seine Vaterschaft anerkennen soll, kann es später zwischen der Mutter und dem Vater zu Rechtstreitigkeiten über das Umgangsrecht und das Sorgerecht kommen, wenn sich die Beteiligten auseinanderleben und nicht mehr einigen können. Dabei fallen die Belange der Co-Mutter nicht ins Gewicht, weil sie rechtlich nichts mit dem Kind zu tun hat.

Solche Streitigkeiten werden vermieden, wenn Lebenspartnerinnen auf einer Stiefkindadoption bestehen und stattdessen mit dem Samenspender vereinbaren, dass sie ihn — und seinen Mann — zwar als väterliche Bezugsperson am Aufwachsen des Kindes beteiligen werden, dass dies aber nur freiwillig geschieht. Siehe dazu auch unseren „Kurzen Ratgeber für Stiefkindadoptionen“.

Manfred Bruns
recht@lsvd.de



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