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Kein Platz für Inter* in Russland

Alexander Berezkin, Intersex-Aktivist aus Russland musste Anfang Juni seine Heimat verlassen, weil er seines Lebens nicht mehr sicher ist. Alexander, genannt Sasha, hat schon als Jugendlicher erfahren, dass er intersexuell ist. Der inzwischen dreißigjährige Soziologe aus Vladivostok hat lange darüber geschwiegen. Vor zwei Jahren hat er begonnen, sich aktiv für die Akzeptanz von Intersexuellen einzusetzen: In Seminaren, die u.a. die St. Petersburger LGTB-Gruppe „Coming out“ veranstaltet hat, hat er sich öffentlich zu seiner Intersexualität und auch zu seiner Homosexualität bekannt.

Ich will jetzt darüber in Russland reden, andere Intersexuelle in Russland finden, eine Gruppe zusammenstellen, die Hilfe anbietet, und in der wir lernen, darüber zu reden! Ich fühle, dass das in Russland noch ein langer Prozess sein wird, aber Hauptsache wir reden jetzt darüber! Also Aufklärung über das Internet, Gespräche mit Freunden, Seminare in der eigenen Stadt, Seminare über Skype, bereit sein zu verschiedensten Formen der Aufklärung. Ich will einfach von meinen persönlichen Erfahrungen erzählen und Informationen vermitteln!“ schreibt Berezkin über seine Motivation.

Das Engagement blieb nicht unbemerkt, allzu schnell wurde Berezkin ein Opfer der russischen Antihomosexualitätsgesetzgebung. Am 20.4. 2014 hat er mir und vielen seiner Freundinnen und Freunde eine Hilfenachricht geschickt:

Meine Situation ist äußerst schwierig. Journalisten haben in einer Lokalzeitung einen homophoben Artikel über mich geschrieben. Einen Tag danach veröffentlichte eine gewisse Maja Schuwalowa eine Petition an den Rektor meiner Universität, in der gefordert wurde, mich als Vertreter der LGBT-Gemeinschaft zu entlassen, weil ich meine Position für die Propaganda von LGBT unter den minderjährigen Studenten missbrauchen könnte. Ihre Mitstreiter und sie haben die Information darüber im Internet verbreitet, woraufhin sich die Öffentlichkeit an den Rektor (Leiter der Hochschule) wandte. Gestern Morgen rief man mich an und schlug mir vor, ich könne selbst die Kündigung einreichen (rückwirkend). Man versprach mir, es werde keine Überprüfung meiner Tätigkeit geben. Außerdem musste ich den Wohltätigkeitsfonds verlassen, weil der Skandal erwartungsgemäß weitere Kreise ziehen wird. Eine der Tätigkeitsfelder des Fonds ist die Arbeit mit hörgeschädigten Kindern. Jetzt bin ich arbeitslos. Mein Vertrag mit der Universität läuft am 30. Mai aus.“

Sasha hat wie viele andere politisch Aktive inzwischen Russland verlassen und ist auf dem Weg nach New York und Washington. Er und sein Anliegen sind auf internationale Unterstützung angewiesen.

Association Russian-Speaking Intersex

Christiane Bauermeister
Autorin des Buches „Männlich, weiblich, fließend, mein intersexuelles Kind“



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