Besuchsreise homosexueller Aktivisten aus Afrika in Berlin (III)
Das Auswärtige Amt war am Donnerstagmittag Gastgeber für eine öffentliche Konferenz im Rahmen des Besuchsprogramms der Aktivistinnen und Aktivisten aus elf afrikanischen Staaten und dem Libanon. Im bis auf den letzten Platz besetzen Saal des Besucherzentrums eröffnete Axel Hochrein im Namen der Hirschfeld-Eddy-Stiftung die Konferenz.
In einem Eingangsstatement erläuterte der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Markus Löning, die Anstrengungen der deutschen Außenpolitik zur Stärkung und Schutz von LSBTI-Menschenrechtsverteidigerinnen und ‑verteidigern. Neben einem gemeinsamen und abgestimmten Vorgehen auf UN- und EU-Ebene werden auch gezielt, in bilateralen Regierungsgesprächen, die Einhaltung der Menschenrechte von LSBTI-Menschen angemahnt, aber auch Gespräche mit den LSBTI-Organisationen vor Ort geführt. Entsprechende Programme im Auswärtigen Amt wie auch im Bundesministerium für Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) dienen der Durchführung von gemeinsamen Projekten und der Unterstützung dieser Organisationen. Auch die nun zum dritten Mal durchgeführte Besucherreise von Aktiven aus Afrika entstammt diesen Programmen. Besonderen Wert legte Herr Löning auf die Feststellung, dass die deutschen Botschaften angewiesen sind, nun auch spezielle Berichte über die Lage der LSBTI-Community nach Berlin zu senden und Hilfe vor Ort zu leisten. Deutsche Botschaften sollen als Ansprechpartner für die LSBTI-Organisationen zur Verfügung stehen und die Arbeit unterstützen.
Pfarrer Tim Kuschnerus, evangelischer Geschäftsführer der gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) erläuterte in einem Referat, dass die kirchliche Entwicklungszusammenarbeit ihre wichtige Rolle im Zusammenspiel von Entwicklungshilfe und LSBTI-Menschenrechte erkannt hat. Er verwies aber auch darauf, welche Schwierigkeiten es in diesem Prozess zu überwinden gilt. So müssen Wege gefunden werden, welche die Thematik in die EZ-Programme verstärkt implementieren, und dies so, dass sie vor Ort akzeptiert und umgesetzt werden. Die Kirchen und kirchlichen Partner vor Ort sind oft beim Thema Homosexualität rigoros ablehnend eingestellt. Die unterschiedlichen Auffassungen führen dabei zu starken Spannungen mit den Partnern aus Europa.
Die Berichte von Judith Kotzé und Muhsin Hendricks (Südafrika), Michael Kimindu (Kenia), Dorothy Aken’Ova (Nigeria) und Georges Azzi (Libanon) haben im Anschluss die akute Situation vor Ort sehr eindringlich dargestellt. Der Einfluss von Kirchenführern auf die Politik und das gesellschaftliche Klima in diesen Ländern ist unvergleichbar höher als in Europa. Deshalb sind sie oft mitverantwortlich für die bedrohliche Entwicklung, gerade im Hinblick auf homophobe Gesetzgebung. Gleichwohl plädiert ein Teil der Gäste für eine Lösung, die im Konsens mit den Religionen und nicht im säkularen Ausschluss der Religionen zu finden sei. Auch das Zusammenwirken afrikanischer Traditionen, in welchen die Familie und Kinder ein wichtiger Teil der sozialen Realität sei, müsse beachtet werden. Zielführend sei es, eine gemeinsame Basis mit den Kirchen zu finden. Hier hoffe man auf die vermittelnde Hilfe der Partner-Kirchen aus Deutschland, um in den gewünschten Dialog treten zu können.
Da es nicht „ein“ Afrika gebe, sondern einen vielfältigen Kontinent mit Staaten in unterschiedlichen Entwicklungsstufen und unterschiedlichen religiösen Prägungen gebe es auch kein allgemein gültiges Patentrezept. Dies war auch das Ergebnis einer abschließenden Diskussionsrunde, an welcher neben Kasha Jacqueline von Freedom and Roam Uganda (FARUG), dem schwulen Iman Muhsin Hendricks vom The Inner Circle aus Südafrika, auch Peter Jörgensen von der Vereinigung Evangelischer Freikirchen und Marita Steinke aus dem BMZ teilnahmen. Moderiert wurde das Panel von Klaus Jetz vom LSVD. Für die afrikanischen Gäste war es nach eigener Aussage von hohem Informationswert, bei ihrem Besuch in Deutschland zu erfahren, dass auch hier ein langer und leidvoller Weg notwendig war, um zu den gesetzlichen Reglungen und der gesellschaftlichen Akzeptanz für LSBTI zu kommen. Dieser für Deutschland erfolgreiche Weg lasse sich aber nicht 1:1 als Lösung für die Situation in Afrika übernehmen. Dies gelte insbesondere für die Verhältnisse von Religion und Homosexualität in den einzelnen Staaten Afrikas.
Dies zu akzeptieren und umzusetzen wird eine Aufgabe und Herausforderung für die in Deutschland beteiligten Seiten von Regierung, Zivilgesellschaft und Kirchen sein. Der intensivierte Dialog und Austausch mit den Organisationen vor Ort wird hierbei hilfreich sein. Die Konferenz war dazu, nach Meinung aller Beteiligten, ein wichtiges und hilfreiches Instrument.
Axel Hochrein
Hirschfeld-Eddy-Stiftung