LGBT-Menschenrechte in der Entwicklungspolitik
Entwicklungshilfe lohnt sich für die Geberländer, denn das Meiste wird in die wirtschaftliche Zusammenarbeit investiert. Kein Industrieland könnte es sich leisten, die finanzielle Unterstützung für die Regierungen, die Wirtschaft und Teile der Zivilgesellschaft anderer Länder einzustellen. Dennoch, die Ent- wicklungszusammenarbeit (EZ) ist immer mehr unter Legitimationsdruck. Das Feld ist hoch umstritten: Mehr Engagement für den globalen Süden fordern die einen, weniger politische Einflussnahme die anderen. In diesem Kontext spielen die Menschenrechte eine immer wichtigere Rolle. So hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im Frühjahr dieses Jahres einen Entwurf für ein Menschenrechtskonzept vorgestellt, zivilgesellschaftliche Organisationen wurden um Kommentierung gebeten, auch der LSVD brachte Vorschläge ein. Schon im Entwurf zeigte sich, dass sich unsere beharrliche Arbeit gelohnt hat, an mehreren Punkten werden die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Transgender und intersexuellen Menschen (LGBTI) erwähnt, konkrete Forderungen und Vorhaben werden formuliert.
Vernetzung statt Ausgrenzung
Die Menschenrechte sollten das Fundament der gesamten deutschen auswärtigen Politik sein. Hin und wieder kann man den Eindruck gewinnen, dass dies der Fall ist, etwa wenn das Auswärtige Amt unterstützende Maßnahmen ergreift, in der UN Stellung bezieht und Botschaftsangehörige sich für Lesben und Schwule engagieren. Zugleich werden auch Kürzungsdrohungen immer mehr mit dem Hinweis auf Menschenrechtsverletzungen begründet. So haben die USA und europäische Staaten gegenüber Staaten wie Uganda, Malawi und Nigeria angedroht, Gelder zu streichen, wenn die Verfolgung von Lesben und Schwulen verstärkt werde.
Die betroffenen Lesben und Schwulen bringen solch rigorose Reaktionen bisweilen in eine sehr ambivalente, ja schwierige Situation. Sie freuen sich über die internationale Unterstützung. Aber diese Art der Einflussnahme kann auch den Gegnern in die Hand spielen, weil diese nun erneut Lesben und Schwule zu Sündenböcken machen können. So heißt es dann, gerade auch in Zeiten lokaler Wahlkämpfe, sie seien für den schlechten Ruf ihres Landes oder gar den Verlust finanzieller Unterstützung verantwortlich. Um diese Ausgrenzung zu verhindern, müssen solidarische Netzwerke einbezogen und gefördert werden. So arbeitet unsere Partnerorganisation Sexual Minorities Uganda (SMUG) mit 24 lokalen Organisationen zusammen. Gemeinsam machen sie sich stark gegen die drohende Verschärfung des homophoben Strafrechts. Sie haben die gesamte Menschenrechtslage im Blick und lassen sich nicht auseinander dividieren, versuchen dafür Sorge zu tragen, dass in schwierigen Zeiten vor und nach Wahlen nicht eine Gruppe zur Zielscheibe des repressiven Staatsapparates wird.
Auch in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit muss mehr Vernetzung stattfinden: Die zahlreichen in Uganda aktiven EZ-Organisationen müssen sich für die Akzeptanz homosexueller und transsexueller Menschen stark machen, gegenüber ihren Partnerorganisationen für die Unterstützung und den Schutz von Lesben, Schwulen und Transgender werben und klar machen, dass die Menschenrechte universell und unteilbar sind und für alle gelten.
Ausschreibung des BMZ
Im BMZ gibt es seit Jahren ein Querschnittsreferat für Menscherechte. Dennoch spielten LGBTI Menschenrechte in der Entwicklungszusammenarbeit bislang kaum eine Rolle. So musste das BMZ noch auf dem Fachtag Regenbogenphilanthropie im letzten Herbst zugestehen, es sei kein LGBTI-Projekt gefördert worden. Umso erfreulicher ist es, dass aus dem Haus nun eine spezielle Ausschreibung veröffentlicht wurde. Die neue NRO-Fazilität Menschenrechte umfasst ein Volumen von 3 Millionen Euro für das laufende Jahr. Darin wird eine Förderung von Projektvorschlägen insbesondere zur „Umsetzung der Menschenrechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten“ angekündigt.
Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung hat dazu aufgerufen, das Programm aktiv und intensiv zu nutzen. Wir bieten Zusammenarbeit an und erarbeiten Handreichungen. Nun wird es darauf ankommen, wie das BMZ-Programm unterfüttert wird. Denn die Frage, wie Menschenrechtsarbeit mit Bezug auf sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität in die Entwicklungszusammenarbeit eingebunden werden kann, ist keineswegs einfach zu beantworten. Bislang sind Förderrichtlinien so gefasst, dass Projekte in Verfolgerstaaten meist herausfallen, etwa weil Nachweise für die Nachhaltigkeit der Arbeit gefordert werden – aber welches LGBTI-Menschenrechtsprojekt in einem Verfolgerstaaten kann das schon so einfach aufzeigen? Schließlich bohren sie keine Brunnen und bauen auch kein Hospital, sondern sensibilisieren für Menschenrechte und benötigen Schutz. Auch die komplizierten verwaltungsrechtlichen Anforderungen – eine Wissenschaft für sich – stellen für Viele eine Hürde dar. Zudem sind Vorurteile und Unkenntnis der schwullesbischen Welt auch in der deutschen EZ weit verbreitet.
Mit der Unterstützung der Stiftung Dreilinden gGmbH wird die Hirschfeld-Eddy-Stiftung ein Projekt zur besseren Vernetzung der LGBTI inkludierenden Menschenrechtsarbeit in der deutschen auswärtigen Politik aufbauen. Dabei geht es uns auch darum, den Anteil des Finanzvolumens zu vergrößern, der für LGBTI-Projekte zur Verfügung steht. Viele Milliarden Euro werden derzeit von den Regierungen weltweit für die EZ ausgegeben. Sehr wenig im Vergleich dazu, was für Militär und Rüstung verwendet wird. Wir arbeiten daran, dass ein angemessener Teil der Entwicklungshilfe endlich auch Lesben, Schwulen, Transsexuellen und intersexuellen Menschen erreicht.
Renate Rampf (LSVD-Pressesprecherin) und Klaus Jetz (LSVD-Geschäftsführer)