Statement des LSVD zu den Äußerungen des Bundesfinanzministers, auch homosexuellen Eltern Steuervorteile zu gewähren
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble meint offenbar, dass sich mit dem Familiensplitting eine Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe vermeiden lasse. Das ist nicht der Fall. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eindeutig: Wenn kinderlose Ehepaare weiter vom Ehegatten- oder Familiensplittingsplitting profitieren, müssen Lebenspartnerinnen und Lebenspartner das auch.
Eine rückwirkende Gleichstellung für alle noch anhängigen Einkommensteuerbescheide lässt sich mit einer Umwandlung des Ehegattensplitting in ein Familiensplitting ohnehin nicht vermeiden. Denn eine solche Änderung würde nur für die Zukunft gelten, nicht für die Vergangenheit. Viele Paare in Eingetragenen Lebenspartnerschaften haben aber auf unseren Rat hin über die Jahre hinweg jedes Jahr neu Zusammenveranlagung beantragt und gegen die Ablehnung Einspruch eingelegt. Die Finanzämter haben die Verfahren im Hinblick auf die beim Bundesverfassungsgericht schon seit Jahren anhängigen Verfassungsbeschwerden zum Ruhen gebracht.
Davon abgesehen ist der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) der Meinung, dass das Familiensplitting der falsche Weg ist. Wir meinen, dass sich staatliche Familienförderung auf die Betreuung von Kindern oder hilfsbedürftigen Menschen konzentrieren sollte, und zwar unabhängig davon, ob die Betroffenen verheiratet, verpartnert, nichtehelich zusammenlebend oder alleinerziehend sind. Das wird mit einem Familiensplitting nicht erreicht.
Zudem meinen wir, dass die staatliche Familienförderung nicht über die Einkommensteuerveranlagung, sondern durch gleich hohe Zuschüsse für alle Menschen erfolgen sollte, die Kinder oder Hilfsbedürftige betreuen. Wenn man Menschen mit Kindern durch Ermäßigung der Einkommensteuer fördert, profitieren davon diejenigen am meisten, die ein hohes Einkommen haben, und die diese Förderung eigentlich gar nicht brauchen. Dagegen erhalten z.B. alleinerziehende Mütter mit geringem Einkommen entweder überhaupt keine Förderung oder nur sehr geringe Beträge.
Wenn man das Ehegatten- und das Realsplitting abschafft, muss man für Ehegatten, die ihre Lebensplanung auf diese Art der Förderung eingestellt haben, Übergangslösungen vorsehen. Aber sonst sollten alle Ehegatten individuell besteuert werden und gesetzlich vorgegebene Unterhaltsleistungen nach dem Vorbild von § 33a EStG bis zu einer noch festzulegenden Höchstgrenze als außergewöhnliche Belastung absetzbar sein.
Manfred Bruns
LSVD-Bundesvorstand