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Veranstaltungen

Gegen das Vergessen

Neue Stolpersteine in Magdeburg
Am 09. Oktober 2012 wurden in Magdeburg auf Initiative des LSVD Sachsen-Anhalt durch den Künstler Gunter Demnig zwei weitere Stolpersteine zum Gedenken an homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus verlegt. Damit erinnern nun insgesamt acht Stolpersteine in Magdeburg an diese Opfergruppe.

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Verband

Vor 50 Jahren

Sittenstrafrecht gegen Homosexualität

Wo die gleichgeschlechtliche Unzucht um sich gegriffen und großen Umfang angenommen hat, war die Entartung des Volkes und der Verfall seiner sittlichen Kräfte die Folge.“ Diese Aussage stammt nicht etwa aus der Zeit der NS-Diktatur. Sie findet sich im Entwurf eines neuen Strafgesetzbuches, den die Bundesregierung am 4. Oktober 1962 dem Bundestag vorlegte (BT-Drs. IV/650, S. 377). Bundeskanzler war damals Konrad Adenauer (CDU). Der Justizminister hieß Wolfgang
Stammberger (FDP).

Bereits 1954 hatte die Bundesregierung eine „Große Strafrechtskommission“ bestehend aus Professoren, Richtern und Bundestagsabgeordneten berufen, um in Anknüpfung an frühere Reformversuche ein neues Strafgesetzbuch auszuarbeiten. 

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Projekte

Hirschfeld verdient ein Denkmal

Erinnerung an die erste Homosexuellenbewegung

Berlin, 1897. In seiner Wohnung organisiert der Sexualwissenschaftler Dr. Magnus Hirschfeld ein Treffen mit dem Verleger Max Spohr, dem Juristen Eduard Oberg und dem Schriftsteller Franz Joseph von Bülow. Ihr Anliegen: Die Abschaffung des be- rüchtigten § 175, der „beischlafähnliche Hand- lungen“ zwischen Männern unter Strafe stellt. Sie gründen die weltweit erste Organisation, die sich gegen antihomosexuelle Strafgesetze wendet und für die Bürgerrechte von Lesben, Schwulen, Bi‑, Trans- und Intersexuellen streitet. 

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Verband

Nachruf

 Eberhard Zastrau (1954−2012)

Wir trauern um unser langjähriges Berliner Mitglied Eberhard Zastrau. Er hat sich viele Jahre in unserem Verband ehrenamtlich engagiert, in der Menschen- und Bürgerrechtspolitik, aber insbesondere in der Gedenkarbeit. 2006 war Eberhard auch für zwölf Monate hauptamtlich in der LSVD-Pressestelle beschäftigt und hat in dieser Zeit unter anderem die Redaktion der „respekt!“ mitbesorgt.

Eberhard konnte damals bereits auf eine lange Aktivisten-Biographie zurückblicken, so z. B. als Pressesprecher der Deutschen AIDS-Hilfe in den politisch sehr bewegten Jahren 1986–1988.

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Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Im Menschenrechtsrat

High Level Panel zu Menschenrechtsverletzungen aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität in Genf, 7.3.2012.

Gastbeitrag von Ise Bosch (Dreilinden gGmbH)

Ise Bosch im MenschenrechtsratSelten sei dieser Saal so voll und so lebhaft gewesen, hieß es. Unter der sehr bunten Decke des „room XX“ im Palais des Nations in Genf versammelten sich am 7.3. mittags erstaunlich viele BotschafterInnen, Gesandte, Delegationen, Presse, NGOs und Menschenrechtsinstitute. Schon im Vorfeld sei über keine Veranstaltung der 19. Session des Menschen- rechtsrates soviel diskutiert worden wie über diese. Man kam, um den Ausmarsch der VertreterInnen der Länder der Organization of Islamic Cooperation (OIC) zu beobachten – und die, die blieben, hörten den ausgezeichneten Statements der Menschenrechts-Hochkommissarin und der SOGI-ExpertInnen wirklich zu (was dort wohl nicht der Normalfall ist). 

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Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Rückblick nach vorn

Unsere historische Verpflichtung

Homosexualität ist gesellschaftlich geächtet, für Sex zwischen Männern droht Gefängnis. Die Polizei unternimmt häufig Razzien an Schwulen-Treffpunkten und führt penibel Homosexuellenkarteien. Jährlich werden mehrere tausend Männer wegen gleichgeschlechtlicher „Unzucht“ angeklagt und verurteilt. Die sehr einflussreichen Religionsgemeinschaften verdammen schwule und lesbische Liebe als schwere Sünde. In der Öffentlichkeit wird Homosexualität tabuisiert, die Selbstorganisation von Schwulen und Lesben durch die Behörden behindert. Durch Strafbarkeit und gesellschaftlicher Ächtung sind Homosexuelle fast schutzlos Erpressern ausgeliefert. Bei einem „Outing“ droht ihnen der Verlust der bürgerlichen Existenz. Oft werden sie von ihrer Familie verstoßen, enterbt, am Arbeitsplatz gekündigt. 

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Veranstaltungen

Rede von Richterin des Bundes- verfassungsgerichts Prof. Dr. Susanne Baer

Rede zum Festakt am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen[1]

Berlin, den 25. Januar 2012

Prof. Dr. Susanne Baer - Foto: Caro KadatzMit diesem Denkmal will die Bundesrepublik Deutschland die verfolgten und ermordeten Opfer ehren, die Erinnerung an das Unrecht wach halten und ein beständiges Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgrenzung gegenüber Schwulen und Lesben setzen.“ Das sagt der Beschluss der damaligen Mehrheit des Deutschen Bundestages von 2003[2] und das steht auf der Tafel am Denkmal im Berliner Tiergarten.

2008 wurde das Denkmal der Öffentlichkeit übergeben; heute, 2012, wechselt der Film[3].

Das Denkmal soll die Opfer ehren und die Erinnerung wach halten – es soll also das Schweigen brechen über die Geschichten in der Geschichte. 

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Verband

Verfolgung in Deutschland

Rehabilitierung der Opfer von § 175 StGB

Ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaates ist die Rechtssicherheit und damit auch das Vertrauen in den Bestand rechtskräftiger Urteile. Aber müssen Urteile, die Menschenrechte verletzen, bis in alle Zeiten Bestand haben? Hat ein demokratischer Staat nicht auch die Pflicht, seine Fehler zu korrigieren? Seit Jahren fordert der LSVD Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer der menschenrechtswidrigen Strafverfolgung in West und Ost. Wir meinen, der Gesetzgeber muss sich seiner Verantwortung dafür stellen, dass er die strafrechtliche Verfolgung und Ungleichbehandlung Homosexueller jahrzehntelang geschehen ließ. In den vergangenen Jahren haben Bündnis 90/Die Grünen und die Linke diese Forderungen mehrfach in den Bundestag getragen, aber bislang vergeblich. Am 17.05.2011 hat die Berliner Landes-Anti-Diskriminierungsstelle dazu eine „Gutachterbefragung“ durchgeführt, bei der ich mich auch geäußert habe. 

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Veranstaltungen

Übergabe des neuen Films im Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

Rede von Dr. Klaus Müller 

Repräsentant für Europa des United States Holocaust Memorial Museum

Dr. Klaus Müller - Foto: Caro Kadatz Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

Danke für die Einladung! Berlin hat viele Denkmäler, aber nur eines davon integriert eine Filmsequenz: Das auf dem Entwurf von Michael Elmgreen und Ingar Dragset basierende und 2008 eingeweihte Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen. In unmittelbarer Nähe zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas zitiert es dessen architektonische Sprache der Stelen.

Wenn man abends dort läuft, zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz, überrascht das Licht der im Denkmal projizierten Filmbilder. Was gibt es dort zu sehen? Man muss sich an ein schmales Glasfenster stellen, das in die Außenwand des Denkmals eingelassen ist: jeweils nur eine Besucherin kann nach innen schauen. Gezeigt wird eine Endlosschleife von zwei sich küssenden jungen Männern.

Der Kuss als visuelles Thema soll an die NS-Zeit erinnern, in der ein Kuss zwischen zwei Männern als strafbar gewertet werden und vielleicht zu Verhaftung, Gefängnis, oder gar einer Einweisung in ein KZ führen konnte. Ein Einführungstext vor dem Denkmal erklärt diesen Zusammenhang.

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Veranstaltungen

Aus dem Gedenken an die Homosexuellen- verfolgung erwächst Verantwortung

Rede von Günter Dworek, LSVD-Bundesvorstand, zum neuen Film im Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
26.1.2012

Günter Dworek, LSVD-Bundesvorstand - Foto: Caro KadatzAls das Denkmal im Mai 2008 der Öffentlichkeit übergeben wurde, dachten wir, es gebe keine Überlebenden mehr aus dem Kreis der homosexuellen Verfolgten des Nationalsozialismus. Aber durch die Berichterstattung über das Denkmal ist Rudolf Brazda, Rosa-Winkel-Häftling in Buchenwald, an die Öffentlichkeit getreten, nach über sechs Jahrzehnten des Schweigens. Er hat das Denkmal mehrfach besucht, er erhielt späte Ehrungen in Deutschland wie in Frankreich. Im letzten Jahr, am 3. August 2011, ist Rudolf Brazda im Alter von 98 Jahren verstorben. Wir trauern um ihn.