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Beruf oder Liebe?

LSVD-Interview mit Michael Schmitt, Autor und Regisseur des Films „Mein Glaube, meine Liebe“. Dieser wird am Montag, den 12.06.2017 um 21:00 zum ersten Mal im Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt. Thema: Der Umgang mit homosexuellen Mitarbeiter*innen in der kirchlichen Dienstgemeinschaft. 

Wie sind Sie auf das Thema gekommen?

Auf das Thema bin ich 2010 gestoßen. Marika, die Hauptprotagonistin des Films, war gerade in den letzten Zügen ihres zweijährigen Referendariats und erzählte mir, dass sie in wenigen Wochen die MISSIO CANONICA — die offizielle bischöfliche Lehrerlaubnis zur Erteilung von katholischem Religionsunterricht an Schulen — verliehen bekommen würde. Nur mit dieser Erlaubnis würde sie Katholische Religion unterrichten dürfen. Dazu müsste sie in einem  persönlichen Lebenszeugnis erklären ein Leben nach der Sittenlehre der Katholischen Kirche zu führen. Die Beziehung zu ihrer Partnerin Anke müsste sie dazu vor Kollegen, Schülern und Vorgesetzten streng geheim halten und ein Doppelleben führen, um ihren Traumberuf Katholische Religionslehrerin ausüben zu können. Ich hatte noch nie etwas von einer Missio Canonica gehört und beschloss Marika bei der Verleihung im Juli 2010 im Freisinger Dom zu filmen. Das war der Startschuss für die Dreharbeiten, die sich über einen Zeitraum von 6 Jahren erstreckten. Besonders erschreckt hat mich die Tatsache, dass das kirchliche Arbeitsrecht auch für alle an staatlichen Schulen angestellten Religionslehrer/-innen angewandt wird. 

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40 Jahre HuK

LSVD-Grußwort bei der Feier des 40jährigen Bestehens der Ökumenischen Arbeitsgruppe “Homosexuelle und Kirche”

gehalten von Henny Engels , Mitglied im Bundesvorstand des LSVD

40 Jahre HUK – um es mit Carolin Emcke zu sagen: Wow. Dazu gratuliere ich im Namen des LSVD-Bundesvorstandes ganz herzlich. Uns verbindet eine lange Geschichte der Zusammenarbeit: 

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Amoris Laetitia

Nachsynodales Schreiben von Papst Franziskus

Am 08. April 2016 veröffentlicht der Vatikan “Amoris Laetitia”  (Über die Liebe in der Familie) — das nachsynodale apostlische Schreiben von Papst Franziskus. Es richtet sich an die Bischöfe, die Priester und Diakone, die Personen des geweihten Lebens, die christlichen Eheleute und an alle christgläubigen Laien. Das Schreiben basiert auf zwei Versammlungen der Bischofssynode, bei der sich rund 300 Bischöfe sich im Herbst 2014 und 2015 mit dem Thema Ehe und Familie befasst haben. Ebenfalls vorausgegangen war eine Befragung der Katholiken und Katholikinnen weltweit. Das 300seitige Papstschreiben äußert sich in knapp 15 Zeilen (sic) auch zu Lesben und Schwulen. Wir dokumentieren die zwei Passagen:

250. Die Kirche passt ihre Haltung Jesus, dem Herrn, an, der sich in grenzenloser Liebe für jeden Menschen, ohne Ausnahme, geopfert hat. Mit den Synodenvätern habe ich die Situation von Familien bedacht, welche die Erfahrung machen, dass in ihrer Mitte Menschen mit homosexueller Orientierung leben – eine Erfahrung, die nicht leicht ist, sowohl für die Eltern, als auch für die Kinder. Darum möchten wir vor allem bekräftigen, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner sexuellen Orientierung, in seiner Würde geachtet und mit Respekt aufgenommen werden soll und sorgsam zu vermeiden ist, ihn » in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen « oder ihm gar mit Aggression und Gewalt zu begegnen. In Bezug auf die Familien kommt es hingegen darauf an, eine respektvolle Begleitung zu gewährleisten, damit diejenigen, welche die homosexuelle Tendenz zeigen, die notwendigen Hilfen bekommen können, um den Willen Gottes in ihrem Leben zu begreifen und ganz zu erfüllen.

251. Im Laufe der Debatte über die Würde und die Mission der Familie haben die Synodenväter angemerkt: » Was die Pläne betrifft, die Verbindungen zwischen homosexuellen Personen der Ehe gleichzustellen, gibt es keinerlei Fundament dafür, zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn. « Es ist unannehmbar, » dass auf die Ortskirchen in dieser Frage Druck ausgeübt wird und dass die internationalen Organisationen Finanzhilfen für arme Länder von einer Einführung der „Ehe“ unter Personen des gleichen Geschlechts in ihrer Gesetzgebung abhängig machen«.

Papst: Keine „Freude der Liebe“ für Lesben und Schwule — LSVD-Pressemitteilung

Amoris Laetitia — Nachsynodales Schreiben von Papst Franziskus

 

 

 

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Mitarbeit von Homosexuellen unerwünscht

Oda Lambrecht, Autorin von Panorama – die Reporter „Die Schwulenheiler“Evangelikale streiten über Umgang mit Lesben und Schwulen

Von „tief gehenden Verwerfungen“ und sogar von möglicher „Spaltung“ war in der evangelikalen Bewegung Anfang des Jahres die Rede. Auslöser waren Äußerungen von Michael Diener, dem Chef des evangelikalen Dachverbandes „Deutsche evangelische Allianz“. Gegenüber Medien hatte er sich dafür ausgesprochen, auch Menschen zu akzeptieren, die „sich in ihrer Homosexualität annehmen“.

Damit sind wohl im Klartext lesbische oder schwule Gläubige gemeint, die weder enthaltsam leben, noch sich in einer heterosexuellen Beziehung verstecken wollen. Diener forderte, dass Homosexuelle auch in evangelikalen Gemeinden „mitarbeiten“ können. Was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist bislang in der strenggläubigen Bewegung nicht erwünscht, denn Homosexualität gilt als Sünde.

Michael Diener vertritt als Allianz-Vorsitzender etwa 1,3 Millionen evangelikale Christinnen und Christen – etwa zur Hälfte aus den evangelischen Landeskirchen, zur anderen aus Freikirchen. Sie legen die Bibel sehr eng aus, zum Teil wörtlich, nicht historisch-kritisch wie die Mehrheit der deutschen Protestantinnen und Protestanten. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften werden deshalb als „schöpfungswidrig“ abgelehnt. 

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Hirschfeld-Eddy-Stiftung Veranstaltungen

I am scared, i am afraid, but i am optimistic.”

Juliane Krohnen (RLA) , Martina Basso (Mennonitisches Friedenszentrum Berlin), Kasha Nabagesera, Axel Hochrein (Hirschfeld-Eddy-Stiftung), Manuela Kay (L-Mag / Siegessäule) und Oliver Triebel (LEAD) (c) LSVDKasha Nabagesera über den harten Alltag und den mutigen Kampf in Uganda

Vergangene Woche erhielt Kasha Nabagesera in Stockholm den Right Livelihood Award (RLA), dem Alternativen Nobelpreis. Gestern Abend war sie auf Einladung der Hirschfeld-Eddy-Stiftung, der Right Livelihood Award Foundation und LEAD — Mercator Capacity Building Center for Leadership & Advocacy in Berlin. Im Gespräch mit Moderatorin Manuela Kay (L‑Mag) und im Podium mit Martina Basso (Mennonitisches Friedenszentrum Berlin) und Axel Hochrein (Hirschfeld-Eddy-Stiftung) berichtete sie von Kriminalisierung und Gewalt, medialen Outingkampagnen und Mordaufrufen, religiöser und politischer Hetze in ihrem Heimatland Uganda. 

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Veranstaltungen

Die Liebe ist absolut und fragt nicht nach dem Geschlecht.”

"Was ist eine Ehe?" - © LSVD BundesverbandBericht von der Veranstaltung „Was ist eine Ehe?“ vom 28.09.2015 in Berlin — eine Kooperation des LSVD und des Evangelischen Kirchenkreis Berlin Stadtmitte

Die Öffnung der Ehe ist und bleibt einer der zentralen Forderungen von Lesben und Schwulen. Vor wenigen Tagen hat der Bundesrat eine entsprechende Gesetzesinitiative zur Öffnung der Ehe an den Bundestag zur Beratung und Entscheidung überwiesen. Und auch im Bundestag könnte es inzwischen eine parlamentarische Mehrheit für die Öffnung der Ehe geben. Nur wenn es die #EheFürAlle gibt, erfahren auch gleichgeschlechtlich liebende Paare, die Wertschätzung und Akzeptanz, die bisher der Gesetzgeber nur heterosexuellen Paaren zugesteht — Gleiche Liebe, gleicher Wert, gleiches Recht.

Die Gegner_innen der Ehe lassen sich oft von tradierten Wertvorstellungen leiten, die nicht selten auf das christliche Menschenbild und die christliche Tradition rekurrieren. Die christlichen Kirchen sind in der Frage nach der Öffnung der bürgerlichen Zivil-Ehe tief gespalten. Während die Bischofssynode der katholischen Kirche gerade in diesen Tagen prüft, inwieweit die Moral- und Wertvorstellungen von den Gläubigen akzeptiert und gelebt werden, ist die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) oft schon weiter. So hat sich der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Prof. Dr. Heinrich-Bedford-Strohm für die Eheöffnung ausgesprochen und als entscheidendes Kriterium das verbindliche Füreinander einstehen benannt. In der Orientierungshilfe der EKD zur Familie wurde bereits 2013 klargestellt, dass verschieden- und gleichgeschlechtliche Paare gleich zu behandeln seien. Es gibt jedoch auch einige Akteure innerhalb der EKD, die sich auf einen traditionell-konservativeren Ansatz berufen – allerdings sind sie in der Minderheit. 

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Wie der Glaube den Journalismus vernebelt

Eine Replik auf “HOMO” von Markus Günther, erschienen in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 5. April 2015

Gastbeitrag von Albyn Frymuth

Dass ein katholischer Traditionalist wie Markus Günther der Marginalisierung der Homosexuellen das Wort redet, wundert kaum. Nichts anderes wohnt seinem Wunsche nach größerer Gelassenheit im Umgang mit den Benachteiligungen jener Minderheit inne.

Sein harmlos daherkommender Kommentar beginnt mit einer verunglückt komischen Etymologie des Wortes homo, über die sich nicht so recht schmunzeln lässt. Doch seine glaubensgeleitete Färbung der Fakten verlangt nach Widerspruch.

Günthers Darstellungen zum Religious Freedom Restoration Act des US-Bundesstaats Indiana, für den sich konservative Politiker, religiöse Aktivisten und ortsansässige Kirchen eingesetzt haben, negiert die mit dem Gesetz sanktionierte Diskriminierung Homosexueller.

Jenseits der fundamentalistischen Rechten haben sich auf breiter Front PolitikerInnen (nicht nur Hillary Clinton, wie der Autor zu suggerieren meint), Vorstände, KünstlerInnen, Schreibende, progressive Gläubige etc. empört bis feindselig über dieses maliziöse Werk geäußert.

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Neuer Ratgebertext für verpartnerte Beschäftigte der katholischen Kirche

Marienkirche zu Berlin - Foto: Caro KadatzZwang zur Geheimhaltung

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 22.10.2014 (2 BvR 661/12)  seine fast dreißig Jahre alte Rechtsprechung bestätigt, dass die Arbeitsgerichte die Vorgaben der katholische Kirche ungeprüft übernehmen müssen. Dieses Urteil ist angesichts der Vielfalt der Lebensweisen, die sich in Deutschland entwickelt hat, völlig unverständlich. Viele Menschen werden damit in Geiselhaft der katholischen Morallehre genommen, denn kirchliche Träger haben vielerorts praktisch ein Monopol bei Einrichtungen im Sozial‑, Gesundheits- und Erziehungswesen. Für Lesben und Schwule, die bei katholischen Trägern arbeiten, bedeutet das: Ihnen wird praktisch abverlangt, dass sie sich so tarnen und verstecken müssen wie in früheren Zeiten staatlicher Verfolgung. Sonst droht die Kündigung. Das ist einer demokratischen Gesellschaft unwürdig. Der LSVD kämpft dafür, dass zumindest der Gesetzgeber endlich die gesellschaftlichen Realitäten anerkennt und der unhaltbaren und unmenschlichen Praxis der Katholischen Kirche einen Riegel vorschiebt.

Dieser Kampf für eine grundlegende Veränderung im kirchlichen Arbeitsrecht braucht langen Atem. Wir sehen uns daher auch in der Verantwortung, denjenigen ehrlich mit Rat zur Seite zu stehen, die im Hier und Jetzt bei katholischen Trägern beschäftigt sind, auch wenn uns der Inhalt der Ratschläge in keiner Weise gefallen kann. 

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Saarbrücker Appell

Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (c) Landeshauptstadt SaarbrückenMit dem Saarbrücker Appell bittet der LSVD Saar den Bischof von Trier, Herrn Dr. Stephan Ackermann, öffentlich zu erklären, dass in seinem Bistum Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der katholischen Kirche wegen Eingehung einer Eingetragenen Partnerschaft nicht länger eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses befürchten müssen. Dies sollte in jedem Fall für Beschäftigte in Krankenhäusern, Kindergärten, Bildungseinrichtungen, also in nicht verkündenden Berufen, gelten. Alle Fraktionen im Saarländischen Landtag und im Saarbrücker Stadtrat wurden über den Appell informiert. Wir dokumentieren den Brief der Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz an den Bischof Dr. Stephan Ackermann, mit dem sie den Appell unterstützt.

 

Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Stephan Ackermann,

der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) Saar ist an mich mit der Frage herangetreten, ob ich den Saarbrücker Appell unterstütze. Auch Bürgermeister Ralf Latz wurde hierzu angefragt. Der LSVD macht mit diesem Appell auf die Problematik aufmerksam, dass Homosexuelle, die bei der katholischen Kirche in nicht verkündenden Berufen beschäftigt sind, nach Bekanntwerden einer eingetragenen Lebenspartnerschaft von Kündigung bedroht sein könnten.

Unabhängig von der Frage, ob es bereits zu faktischen Kündigungen gekommen ist oder nicht, schränkt das drohende Risiko einer Kündigung die Freiheitsgrade der Betroffenen ein. Sie internalisieren die Möglichkeit einer Kündigung und stellen ihr Verhalten darauf ein. Mit anderen Worten: Sie können nicht zu ihrer sexuellen Identität und ihrer Partnerin oder ihrem Partner stehen. Darin sehe ich einen Widerspruch zum Prinzip des gleichberechtigten Zusammenlebens. 

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Katholische Kirche und Homosexualität

Bischof Ackermann in SaarbrückenLSVD trifft Bischof Dr. Ackermann

In seiner Veranstaltungsreihe „Wessen Segen brauchen wir?“ hatte der LSVD Saar auch den Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann zu einer öffentlichen Veranstaltung in die Saarbrücker Congresshalle eingeladen. Vor dem letzten Besuch von Papst Benedikt XVI. hatte ein Gespräch des LSVD Berlin-Brandenburg mit dem Berliner Bischof Rainer Maria Woelki noch hinter verschlossenen Türen im kleinen Kreis stattgefunden. Dies war nun die erste öffentliche Diskussionsveranstaltung.

Schon im Vorfeld hat diese Veranstaltung für große Aufmerksamkeit gesorgt. Der Bischof traut sich was, der hat Mut, der kann doch da keinen Blumentopf gewinnen, so die Reaktionen. Sehr wenige hatten damit gerechnet, dass Bischof Ackermann die Einladung annehmen und wirklich kommen würde. Bei einem Besuch des LSVD-Landesvorstandes ein Jahr zuvor im Trierer Bistum wurde das „Date mit dem Bischof“ abgesprochen.

Über 150 Interessierte kamen dann tatsächlich, darunter auch zahlreiche Journalisten und Journalistinnen von Lokalmedien bis hin zur dpa, dem Evangelischen Pressedienst und der Katholischen Nachrichtenagentur. Moderiert wurde die Veranstaltung sachlich, engagiert, aber auch witzig und unterhaltend vom Journalisten Christian Langhorst, der auch dem Vorstand des LSVD Saar angehört.

Die frohe Botschaft kam kurz vorm Schluss: Niemand könne sich für die „Homoheilung“ auf die katholische Kirche berufen. Homosexualität sei auch für die Kirche keine Krankheit. Das sei nicht nur seine Meinung, sondern es gebe „keine amtliche Rückendeckung für Homoheilung“. Die katholische Kirche und ihre Angestellten treten Homo‑, Trans- und Intersexuellen „mit Respekt und Wertschätzung, nicht ablehnend“ gegenüber. Getroffene Hunde bellten schon am nächsten Tag im Netz: Der Bischof würde ihre Arbeit nicht unterstützen, Homosexuelle auf den erwünschten Weg zur Heterosexualität zu bringen. Da haben sie recht. Es gibt nach Bischof Ackermann nichts zu heilen: „Ich muss meine sexuelle Identität annehmen, wie immer sie auch aussehen mag.“ Eigentlich nur eine Selbstverständlichkeit, aber von Bischöfen bislang selten zu Gehör gebracht.