Jeyse Cayasso (22) aus Managua ist nicht auf den Mund gefallen. Sie redet gern und eloquent, liebt den Auftritt vor Publikum. Sie engagiert sich in der Agrupación de Mujeres Trans y Culturales. Warum culturales? Frauen sind mehr als lesbisch, trans* oder hetero. So reiche der Begriff über die sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität hinaus und schließe alle Frauen mit ein. Die Gruppe ist Teil des Movimiento Feminista de Nicaragua, engagiert sich gegen das Verbot der therapeutischen Abtreibung, überkommene Frauenbilder, Hassverbrechen, aber auch für sexuelle Rechte und Themen wie geschlechtliche Identität und erotische Orientierung. Die Agrupación steht in engem Kontakt mit Gruppen in Honduras, wo es seit 2009 zu einer beispiellosen Repressionswelle gegen Transaktivistinnen gekommen ist. Die Frauen tauschen sich über Skype und Facebook aus und können sich hin und wieder auch persönlich treffen.
Ihr menschrechtspolitisches Engagement trifft auf religiös motivierten Widerstand. Evangelikale Fundamentalisten machen sich auch in Nicaragua breit und verbreiten Hass. Der neue katholische Erzbischof von Managua stehe ihnen in Nichts zurück, mische sich wie sein langjähriger Vorgänger Obando y Bravo aktiv in die Politik ein. Wie etwa vor wenigen Monaten, als der Código de Familia von Parlament verabschiedet wurde und LGBTI aufgrund der Intervention aus der Kathedrale außen vor bleiben mussten. Die religiösen Fundamentalisten leisteten ihren verbalen Beitrag zu transphober Gewalt im Land, so Jeyse. Transpersonen werde eine politische Teilhabe vorenthalten. Man lasse ihnen kaum öffentlichen oder politischen Raum, in dem sie ihre Forderungen und Anliegen artikulieren könnten.