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Transgender und Intersexuelle

 Angleichung des rechtlichen Geschlechts

Grafik: Franka BraunDas Transsexuellengesetz ist 43 Jahre alt. Damals wollte der Gesetzgeber unbedingt verhindern, dass durch die rechtliche Änderung des Vornamens und/oder des Geschlechts von Transsexuellen der Eindruck entsteht, dass es in Deutschland gleichgeschlechtliche Ehen gibt. Außerdem ging man damals zu Unrecht davon aus, dass alle Transsexuellen heterosexuell orientiert sind, dass also eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle sich nur zu Männern hingezogen fühlt und ein Frau-zu-Mann-Transsexueller nur zu Frauen. Deshalb wurde das Transsexuellengesetz entsprechend restriktiv formuliert.

Das Bundesministerium des Innern ar­­bei­­­tet seit 14 Jahren an einer Reform des Transsexuellengesetzes. Seine Reformvorschläge waren aber immer so rückwärtsgewandt formuliert, dass sie von den Verbänden der Betroffenen empört abgelehnt worden sind. Inzwischen hat das Bundesverfassungsgericht alle wesentlichen Vorschriften des Transsexuellengesetzes für verfassungswidrig erklärt. Transsexuelle brauchen deshalb für die Änderung ihres Vornamens und/oder die rechtliche Änderung ihres Geschlechts „nur noch“ zwei Gutachten von Sachverständigen beizubringen.


In Argentinien ist man noch einen Schritt weiter gegangen. Dort reicht der bloße Antrag aus. In der vergangenen Legislaturperiode hatte die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vergeblich beantragt, die argentinische Antragslösung für Deutschland zu übernehmen (BT-Drs. 17/2211 v. 16. 06. 2010).

Geschlechtsangleichung muss einfacher werden
Dagegen bestehen Widerstände. Offenbar befürchtet man, dass zu viele Bürger ihr Geschlecht wechseln, wenn dazu ein bloßer Antrag ausreicht. Diese Befürchtung ist unbegründet. Der Wechsel des Geschlechts ist für die Betroffenen durchweg mit schwerwiegenden sozialen Nachteilen verbunden (Verlust des Arbeitsplatzes und dauernde Arbeitslosigkeit, vielfache Diskriminierungen und Mobbing, Überfälle und gewalttätige Übergriffe). Zu einem rechtlichen Wechsel des Geschlechts entschließen sich deshalb nur Menschen, die wegen der falschen Geschlechtszuordnung unter hohem Leidensdruck stehen.

Das gilt auch für intersexuelle Menschen. Normalerweise werden Neugeborene aufgrund ihrer äußeren Geschlechtsorgane dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeschrieben. Das ist bei Intersexuellen schwierig oder unmöglich oder es stellt sich später heraus, dass die ursprüngliche Zuordnung falsch war. In solchen Fällen wurde bisher durch Operationen oder Hormongaben versucht, die Betroffenen einem Geschlecht zuzuordnen. Das geschah natürlich ohne Einwilligung der Kinder und auch ihre Eltern wurden oft nur unzureichend oder überhaupt nicht über die Folgen solcher Eingriffe und Behandlungen aufgeklärt.

Welche schwerwiegenden Folgen solche Eingriffe haben können, ist der Öffentlichkeit erst bewusst geworden, seitdem sich die Betroffenen selbst zu Wort gemeldet haben. Die Diskussion gipfelte in einem eindrucksvollen Gutachten des Deutschen Ethikrates (BT-Drs. 17/9088 v. 14.02.2012), in dem er die Situation von intersexuellen Menschen umfassend bewertet und Vorschläge für eine Verbesserung ihrer schwierigen Lage gemacht hat.

Rechtssystem ist zweigeschlechtlich
Als Folge dieses Gutachtens hat es der Gesetzgeber zugelassen (§ 22 Abs. 3 PStG), dass ein Kind ohne Geschlechtsangabe in das Geburtenregister eingetragen wird, wenn es weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann. Das ist ein Bruch mit unserem ausschließlich zweigeschlechtlich geprägten Rechtssystem.

Aus der neuen Vorschrift ergibt sich für intersexuelle Menschen eine Reihe von Folgeproblemen, die dringend durch den Gesetzgeber gelöst werden müssen. So ist z.B. völlig ungeklärt, welche rechtlich abgesicherte Partnerschaft Menschen eingehen können, für die sich aus dem Geburtenregister nicht ergibt, ob sie weiblichen oder männlichen Geschlechts sind. Eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft mit einem Mann oder einer Frau scheinen rechtlich nicht möglich zu sein, weil intersexuelle Menschen ohne Geschlechtseintrag im Geburtenregister rechtlich weder Mann noch Frau sind.

Wir haben deshalb das Bundesministerium des Innern aufgefordert, Vorschläge für ergänzende und klarstellende gesetzliche Regelungen zu § 22 Abs. 3 PStG zu erarbeiten, und zugleich die Probleme benannt, die geregelt werden müssen. Dazu ist das Bundesministerium des Innern nicht bereit. Es versucht stattdessen, die neue Regelung mit der Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz zu „entschärfen“. Dagegen haben wir protestiert und das Bundesministerium des Innern aufgefordert, die Arbeit des Gesetzgebers nicht wieder – wie bei den Transsexuellen – dem Bundes­verfassungsgericht zu überlassen.

Manfred Bruns, LSVD-Bundesvorstand



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