“I have no doubt that in the future, the laws that criminalize human love and commitment will look the way the apartheid laws do to us now, so obviously wrong!” Desmond Tutu
Dieser Artikel ist in der Zeitschrift respekt! des LSVD im Sommer 2023 erschienen.
Im April 23 haben sich in Kigali, Ruanda über 1000 Delegierte zum GAFCON Treffen, das alle fünf Jahre stattfindet. Eine erzkonservative Richtung innerhalb der Anglikanischen Kirche, deren identitätsstiftendes Element der innerkirchliche Widerstand gegen die Gleichberechtigung von Homosexuellen ist.
In Uganda hat das Parlament im März 2023 eines der repressivsten Gesetze der Welt gegen Homo- und Bisexuelle verabschiedet. Wenn es in Kraft tritt, sind nicht nur gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen strafbar – solch ein Gesetz gibt es schon seit der Kolonisierung durch die Brit*innen – sondern das neue Gesetz kriminalisiert homosexuelle und bisexuelle Identitäten.
Auch die „Unterstützung Homosexueller“ steht unter Strafe bis hin zur Vermietung einer Wohnung. So genügt eine Denunziation, um Existenzen zu zerstören. Das Gesetz ist vage formuliert und es bezieht sich auf die „religiösen und traditionellen Familienwerte der Ugander“, die es zu schützen vorgibt. Dabei haben sich evangelikale Kirchen aus Nordamerika in Uganda seit Jahren für radikale homofeindliche Gesetze eingesetzt und dabei aktiv die Hetze gegen LSBTIQ*-Personen befördert.
Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, inter* und queere Personen (LSBTIQ*) erleben weltweit religiös motivierte Diskriminierung. Religiöse Wertesysteme bestimmen die Einstellungen in der Gesellschaft über Liebe, Sexualität und Moral in weiten Teilen der Welt stark mit – im Negativen wie im Positiven. Kirchen spielen dabei eine wichtige Rolle, um Veränderungen bei der Politik und den Einstellungen gegenüber den Rechten von LSBTIQ* zu bewirken.
Die Arbeit mit Kirchen und Gemeinden ist für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zentral. Außerdem spielt Religion eine wichtige Rolle in den Debatten um die Menschenrechte von LSBTIQ* bei den Vereinten Nationen. Es sind oft religiöse Akteur*innen, die sich gegen das Menschenrecht auf Nicht-Diskriminierung stellen. So wird das Recht auf Religionsfreiheit wie ein Stoppschild gegen die Rechte von LSBTIQ* benutzt, wie Heiner Bielefeldt, 2010 bis 2016 UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, ausführte.
Kirchen und andere Religionsgemeinschaften grenzen aus, verweigern Homo- und Bisexuellen sowie trans* Personen die Teilhabe am Gemeindeleben, zwingen in die Unsichtbarkeit und beteiligen sich – wie zurzeit in Uganda – auch an staatlicher Verfolgung.
Für viele LSBTIQ* gehört der Glaube zu ihrer Identität. Und Kirchen prägen ihr soziales Gefüge und ihre Communitys. Dies gilt nach unserer Erfahrung besonders in den viel stärker religiös geprägten Ländern des globalen Südens. Und dort gibt es auch viele positive Entwicklungen: Offene Kirchen und Gemeinden, sowie regionale und weltweite Netzwerke gläubiger LSBTIQ*, z. B. das Global Interfaith Network (GIN) oder das Interfaith Diversity Network of West Africa (IDNOWA).
Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung informiert von Januar bis Dezember 2023 im Rahmen des Projekts „We believe in change“ über positive Entwicklungen innerhalb von Kirchen und Religionen und die schwierigen internen Debatten sowie über Netzwerke gläubiger LSBTIQ*. Wir erkunden das Spannungsfeld zwischen dem Recht auf Religionsfreiheit, dem Recht auf Nicht-Diskriminierung und dem Schutz von LSBTIQ* vor Gewalt in der internationalen Menschenrechtsarbeit. Es gibt Freiräume für LSBTIQ*, die in der internationalen Menschenrechtsarbeit stärker genutzt werden können – wir diskutieren darüber, wie genau das funktioniert.
Mit dem Projekt wollen wir einen transnationalen Dialog initiieren, Austausch fördern und Beteiligte aus unterschiedlichen Communitys zusammenbringen. In diesem Sinne laden wir alle, die sich in diese Richtung engagieren wollen, herzlich dazu ein, Kontakt aufzunehmen unter: sarah.kohrt (at) hirschfeld-eddy-stiftung.de
Sarah Kohrt, Projektleitung Hirschfeld-Eddy-Stiftung
Dieser Artikel ist in der Zeitschrift respekt! des LSVD im Sommer 2023 erschienen.
Eine Publikation im Rahmen des Projekts „We believe in change“: Menschenrechte im Spannungsfeld von Religionsfreiheit und Nicht-Diskriminierung der Hirschfeld-Eddy-Stiftung. Alle Artikel zum Projekt sind im Blog unter dem Tag WBIC-2023 zu finden.