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Dokumentation: Offener Brief an den Niedersächsischen Justizminister Busemann

Sehr geehrter Herr Busemann,

ich nehme Bezug auf ihre Pressemitteilung vom 17.08.2012 „Ein generelles Adoptionsrecht für homosexuelle Paare wird dem Kindeswohl nicht gerecht“. Darin sprechen Sie unter anderem davon, dass „[e]ine undifferenzierte Gleichstellung mit der Ehe zwischen Mann und Frau als Kern der Familie“ und ein „generelles Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare“ abzulehnen ist. Als Bürger Niedersachsens interessiert mich, wie sie diese Schlüsse begründen.

Woher nehmen Sie die Behauptung, dass eine Gleichstellung mit der Ehe zwischen Mann und Frau abzulehnen sei? Artikel 6 GG sagt lediglich: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“ Von Mann und Frau ist hier nicht die Rede. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht bereits in mehreren Urteilen eine Gleichstellung der s.g. „Homoehe“ mit der „Ehe“ auf unterschiedlichen Gebieten gefordert.

Warum ist ein generelles Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare abzulehnen? Sie führen in ihrer Pressemitteilung nebulöse Begründungen an. Zum einen: Das Kindeswohl stehe im Vordergrund. Bitte nennen sie mir eine Studie, die belegt, dass z.B. das Leben in Heimen dem Kindeswohl förderlicher ist, als in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Dies Dürfte schwierig werden, denn diverse Studien (u.a. auch des Bundesjustizministeriums 2009) zeigen, dass Kinder, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft aufwachsen keinerlei Nachteile gegenüber Kindern haben, die mit Eltern unterschiedlichen Geschlechts aufwachsen. Sie behaupten, dass „die unterschiedliche Geschlechtlichkeit der Eltern für die Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung der Kinder von besonderer Bedeutung“ sei, geben hierfür aber keinerlei Belege an. Wenn sie dieser Argumentation folgen, stellt sich zudem die Frage, warum Einzelpersonen Kinder adoptieren dürfen? Können sie eine Studie nenne, die belegt, dass es die Zweigeschlechtlichkeit und nicht vielmehr das Vorhandensein zweier Elternteile als Bezugspersonen und deren Interaktionsverhalten sind, die das Kindeswohl fördern? Da alle Studien bisher keinen Unterschied zwischen Kindern in homo- und heterosexuellen Haushalten finden konnten, erscheint mir letzteres plausibler.

Als letzten Punkt möchte ich sie nochmal zitieren: „Bei einem generellen Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare wäre zu befürchten, dass Kinder von gleichgeschlechtlichen Paaren Stigmatisierungen erfahren und Opfer von Mobbing werden.“ Zunächst erlebt bei weitem nicht jedes Kind aus einer gleichgeschlechtlichen Beziehung Stigmatisierung und hier kann ich schon meinen Bruder und mich als Beleg angeben. Und wenn, dann können die meisten damit sehr gut damit umgehen (auch dies zeigt sich u.a. in der Studie des Bundesjustizministeriums). Zudem ist es ja nicht so, dass andere Kinder nicht auch aufgrund ihrer Eltern gehänselt würden (wenn sie etwa bestimmte körperliche Einschränkungen haben, besonders dick sind, bestimmte Berufe ausüben etc.). Das es das sicher auch in Bezug auf gleichgeschlechtliche Eltern gibt, liegt nicht zuletzt an Vorurteilen, die Menschen haben. Genau diese Vorurteile werden durch pauschale Behauptungen und unbegründete Thesen, wie sie aus ihrer Pressemitteilung hervorgehen, geschürt. Und das macht mich sehr traurig.

Mit freundlichen Grüßen,

Florian Krause

wiss. Mitarbeiter der Universität Hannover



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