Aus dem Leben eines Vorkämpfers der LSBTI-Emanzipationsbewegung
17.07.1934
Manfred wird in Linz am Rhein geboren.
Er wächst in einem katholisch geprägten Elternhaus auf.
1953
Studium an der Universität Bonn
1961
Heirat mit Helga. Sie bekommen drei Kinder.
“Ich habe deshalb 1961 geheiratet und zwanzig Jahre lang eisern an meiner Ehe festgehalten, weil ich Angst um eine bürgerliche Existenz hatte und Angst davor, dass ich meine Familie verlieren würde, an der ich sehr hänge. Ich hatte mit meiner Frau großes Glück. Wir haben eine sehr gute Ehe geführt und sind auch heute noch in Liebe verbunden.“
Manfred Bruns, 2012
1963
Beginn der Karriere an der Bundesanwaltschaft
Anfang der 1980er
Coming-out gegenüber seiner Familie
1983
Coming-out gegenüber seinem Arbeitgeber, Generalbundesanwalt Kurt Rebmann. Manfred wird daraufhin sofort von allen Staatsschutzangelegenheiten abgezogen und als Sicherheitsrisiko eingestuft
1985
Öffentliches Coming-out (BILD-Schlagzeile: „Bundesanwalt Manfred Bruns bekennt: Ich bin schwul.“). Er lernt seinen ersten Partner kennen und ist sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission AIDS des Deutschen Bundestages
1991
Manfred wird Mitglied des Sprecherrats des Schwulenverbandes (SVD) und später Mitglied des Bundesvorstandes
1992
Manfreds erster Partner stirbt. Kurz darauf lernt er seinen zweiten Partner kennen. Mit ihm er bis zu seinem Tod zusammen.
1994
Er bekommt das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse “für sein gesellschaftliches und gesellschaftspolitisches Engagement für die Emanzipation und Anerkennung Homosexueller, für den Schutz ihrer Rechte und für die Wahrung der Würde von Menschen, die HIV-positiv oder an Aids erkrankt sind”.
1997
Manfred ist bei der ersten offiziellen Anhörung zur rechtlichen Anerkennung schwuler und lesbischer Lebensgemeinschaften zu Gast im Rechtsausschuss des Bundestages .
2002
Manfred erhält die Magnus-Hirschfeld-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS)
2005
Manfred trägt für den LSVD bei einer Anhörung des federführenden Bundestagsausschuss für Familien, Senioren, Frauen und Jugend die Positionen des LSVD zum geplanten Antidiskriminierungsgesetz (ADG) vor.
2007
Im Januar nimmt Manfred zusammen mit Jacques Teyssier für den LSVD an ersten „Gleichstellungsgipfel“ im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) teil. Zudem gründet der LSVD die Hirschfeld-Eddy-Stiftung für die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender. Manfred ist Gründungsstifter.
2008
Manfred wird mit dem Zivilcourage-Preis des Berliner CSD geehrt.
2009
Aktion „Keine halben Sachen!“ — Der LSVD setzt sich zusammen mit seinen Bündnispartnern für die volle steuerrechtliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit Eheleuten ein. Manfred unterstützt Betroffene bei den Schriftsätzen und der Klage.
“Das Schönste für mich ist aber, dass ich über viele Jahre hinweg zahllosen Ratsuchenden mit meinem Rat habe helfen können. Ich meine deshalb, dass meine homosexuelle Orientierung, die mich zunächst jahrelang sehr bedrückt hat, letztlich ein großes Glück für mich war. Sonst wäre ich nämlich ein stinklangweiliger, engstirniger konservativer Hetero geblieben.“
Manfred Bruns, 2017
2010
Manfred wird für den LSVD in den Beirat der neuen Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) aufgenommen.
2012
Der Verein „Gay in May“ in Osnabrück zeichnet Manfred mit dem Rosa-Courage-Preis aus. Im September erhält Manfred den “Preis für das Engagement gegen Diskriminierung” der Antidiskriminierungsstelle des Bundes . Zum Gedenken an Manfreds juristischen Schaffen veröffentlich die Hirschfeld-Eddy-Stiftung die Festschrift “Vom Verbot zur Gleichstellung”. Erfolg der Aktion „Keine halben Sachen“ – Dank der Beharrlichkeit von Manfred Bruns lenken die Steuerverwaltungen der Bundesländer und das Bundesfinanzministerium ein und stellen Lebenpartner*innen im Einkommenssteuerrecht faktisch gleich.
“Am wichtigsten war, dass wir trotz vieler Rückschläge und Enttäuschungen uns immer wieder aufgerappelt und weiter gemacht haben. Ich habe oft gedacht, jetzt ist es aus, wenn wieder ein Gericht uns abgeschmettert hatte. Das ist uns 2008 sogar beim Bundesverfassungsgericht passiert. Aber wenn mir dann nach der Analyse der ablehnenden Entscheidungen klar wurde, mit welchen fiesen Tricks die homophoben Richter uns abgewimmelt hatten, verdrängte schon bald die Wut die depressive Stimmung und mein Entschluss stand fest, dass diese homophoben Richter nicht das letzte Wort haben sollten.“
Manfred Bruns, 2017
2013
Öffnung der Stiefkindadoption für adoptierte Kinder in eingetragenen Lebenspartnerschaften. Nach schriftlichen Stellungnahmen und der mündlichen Verhandlung am 18.Dezember 2012, bei der wir durch Manfred und Axel Blumenthal fachkompetent und nachdrücklich vertreten wurden, konnten wir mit dem Urteil vom 19. Februar 2013 einen großen Erfolg feiern. Das Bundesverfassungsgericht erklärte nicht nur das bisherige Verbot der Sukzessivadoption für verfassungswidrig.
2015
Im September stellt sich die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Annegret Kramp-Karrenbauer, auf einer öffentlichen Veranstaltung des LSVD-Saar in Saarbrücken der Diskussion mit Manfred über ihre diffamierende Verknüpfung der Ehe für alle mit Inzest und Polygamie. Im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz nimmt Manfred zu mehreren Gesetzesentwürfen zur Ehe für Alle Stellung für den LSVD.
2016
Abschied aus dem LSVD-Bundesvorstand — Nach 26 Jahren verabschiedet sich Manfred aus dem LSVD-Bundesvorstand, bleibt jedoch dem Verband als Justiziar erhalten.
„Ich bin vielen tollen Menschen begegnet und habe mit ihnen auch viel erreicht. Ich bin aber wahrscheinlich auch vielen immer mal wieder auf den Wecker gefallen, weil ich so schrecklich hartnäckig bin. (…) Was ich von euch mir wünsche, dass ihr genauso hartnäckig bleibt. (…) Wir haben unsere Erfgolge nur erreicht, weil wir uns nie haben entmutigen lassen.“
Manfred Bruns, 2016
2017
Am 30. Juni öffnet der Bundestag die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Kurz zuvor hat der Bundestag einen Beschluss zur Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer antihomosexueller Strafgesetzgebung gefasst. Im Juli erhält Manfred die Community-Ehrung „Kompassnadel“ des Schwulen Netzwerks NRW. Im September urteilt das Bundesverfassungsgericht, dass das Personenstandsgesetz in seiner bestehenden Form verfassungswidrig ist. Entweder muss der Gesetzgeber den Geschlechtseintrag dort ganz abschaffen oder eine dritte Option neben “männlich” und “weiblich” anbieten.
“Ich bin, so denke ich oft, ein Glückspilz, der alles hat, nicht nur eine Familie mit Kindern und Enkelkindern, sondern auch einen wunderbaren Mann, mit dem ich seit 25 Jahren zusammenlebe und der mir noch immer fast täglich sagt, wie froh er ist, dass er mich gefunden hat.”
Manfred Bruns, 2017
2019
Der LSVD veröffentlicht seinen Ratgeber für inter* und transgeschlechtliche Menschen und zeigt auf, wie entgegen den Intentionen des Gesetzgebers das „Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben“ auch transgeschlechtlichen Menschen zu Gute kommen kann. Unermüdlich berät Manfred bei Schwierigkeiten mit den Standesämtern.
Am 22. Oktober stirbt Manfred in Karlsruhe.
“Ich erhalte immer wieder Hochzeitsfotos von schwulen und lesbischen Paaren und Fotos von Regenbogenfamilien mit ihren Kindern. Die stehen in meinem Regal neben meinem Schreibtisch. Ich schaue sie mir oft an und denke, wie schön, dass das heute möglich ist, und wie gut, dass ich zu dieser Wende mit beitragen konnte.