An die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Frau Prof. Dr. Elisabeth Pott
Kampagne „mach’s mit — Wissen & Kondom“
Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Pott,
zur neuen Kampagne „mach’s mit — Wissen & Kondom“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt es wachsende Kritik in der schwulen Community.
Das Video „andersrum“ wird von vielen als klischeehaft empfunden. Mit Klischees zu spielen und sie dadurch zu hinterfragen, kann ein guter Ansatz zur Antidiskriminierungsarbeit im Bereich Homophobie sein. Es verlangt allerdings Fingerspitzengefühl, damit Klischees wirklich bearbeitet und nicht nur bedient werden. Das scheint uns in diesem Video nicht erfolgt zu sein.
In der Allgemeinbevölkerung wird seitens der BzgA nur die „mach’s mit“-Kampagne beworben, mal mit Früchten, mal mit Liebesorten, fast immer heteronormativ, selten mehrdeutig, niemals eindeutig schwul oder lesbisch. Die Präventionsarbeit im Bereich Schwule und andere Männer, die Sex mit Männern haben, wurde bislang der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH) überlassen und fand ganz überwiegend nur über Zielgruppenkanäle statt.
Auch wenn es begrüßenswert ist, dass die BzgA seit einiger Zeit Männer die Sex mit Männern haben in ihren Broschüren wie „Safer Sex“ mit anspricht, muss auch dabei die Qualität stimmen, muss Authentizität vermittelt werden. Das gelingt aller Erfahrung nach nur über einen partizipativen Ansatz, der die Zielgruppe bei der Kampagnenentwicklung intensiv mit einbezieht. Aus diesem Grund besitzt die ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne (IWWIT) der Deutschen Aidshilfe (DAH) genau die Authentizität, die der BZgA-Kampagne unserem Erachtem nach fehlt. IWWIT schafft auch den schwierigen Spagat zwischen einer zeitgemäßen HIV-Prävention und einer intelligenten Antidiskriminierungsarbeit, weswegen die Kampagne von Fachleuten aus dem In- und Ausland hervorragende Beurteilungen erhielt.
Sinnvoll wäre eine deutlichere Verzahnung beider Kampagnen. So ließen sich Synergien nutzen und die notwendige authentische emanzipatorische Vertiefung des Themas erreichen. Die bewährte strukturelle Präventionsarbeit der DAH wäre auch für Männer erreichbarer, die eben noch nicht den Zugang über die Zielgruppenkanäle gefunden haben.
Dies kann aber nur funktionieren, wenn dabei die Verantwortlichkeit für Form und Inhalte von IWWIT bei der DAH verbleibt und sie entsprechend weiter gefördert wird.
Uns wurde berichtet, dass parallel zu dem Relaunch der „mach’s mit“-Kampagne die Zuwendungen an die DAH seitens der BzgA gekürzt wurden. Das wäre ein sehr schlechter Tausch.
Wir fordern die BzgA zu einer unverzüglichen und grundlegenden Überarbeitung der „mach’s mit“-Kampagne im Bereich Homosexualität auf, unter Einbeziehung der Kompetenz der DAH, der Community und ihrer Organisationen.
Die Vertiefung der HIV/STI-Prävention für Schwule und andere MSM sollte konzeptionell bei der DAH liegen und dort mit größtmöglicher Autonomie weitergeführt werden.
Die DAH sollte von Mittelkürzungen verschont bleiben.
Die „mach’s mit“-Kampagne sollte klarer mit IWWIT verzahnt werden, um Dopplungen zu vermeiden und Synergien zu nutzen.
Für Gespräche stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Blumenthal
LSVD-Bundesvorstand