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Mehr Flexibilität für Nord-Süd-Projektförderung — Projekte für lesbische und indigene Frauen in Namibia

Einladung

Liz Frank, Axel Hochrein, copyright Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Liz Frank vom Women’s Leadership Center (WLC) in Namibia berichtet im Webtalk von Möglichkeiten nachhaltiger Unterstützung in der Projektförderung speziell für lesbische und indigene Frauen. Die Veranstaltung war Teil des Projekts der Hirschfeld-Eddy-StiftungDo no harm – Risiken in der internationalen Projektarbeit minimieren. Regenbogenkompetenz durch Beratung, Sensibilisierung und Vernetzung in der internationalen Menschenrechtsarbeit für LSBTI“.

Liz Frank lebt schon seit 1990 in Namibia und setzt sich für Frauenrechte ein. Sie ist Mitbegründerin der Coalition of African Lesbians, und arbeitet nun seit vielen Jahren für das Women’s Leadership Center. Von den aktuellen Programmen erzählt sie besonders begeistert vom Lesbenfestival. „Beim Festival geht es darum, junge Lesben zusammenzubringen — raus aus der Isolation.“ Insgesamt kamen 35 junge Lesben aus sechs Städten und fünf Regionen Mitte November nach Windhuk um das Festival vorzubereiten. „Sie sollen ihre eigene kreative Stimme finden, sich stark und stolz machen.“ Die Proben enden mit einem öffentlichen Bühnenprogramm.

Love, Autonomy, Freedom

Das Thema des fünften Lesbenfestivals in Namibia war Love, Autonomy, Freedom. „Die Teilnehmerinnen machten sich dazu Gedanken: Was bedeutet Liebe für mich, welche Selbstbestimmung habe ich über mein Leben und meinen Körper? Wie frei sind wir als Lesben in Namibia – nach 30 Jahren Unabhängigkeit?” Sie arbeiten mit Trainer*innen, die sie dabei unterstützen das Programm selbst zu entwerfen. Dazu wird auch Yoga angeboten, ebenso sind “mindful eating” und Heilung ein Thema. „Viele haben wegen der Diskriminierung, die sie tagein tagaus erfahren, Gesundheitsprobleme“, weiß Liz Frank. „Wie können wir uns gegenseitig stärken, dass wir lernen, uns selber zu lieben und zu achten — obwohl wir so oft nicht geliebt und geachtet werden”, fasst sie es zusammen. Besonders freut sie, dass diesmal 90 % der Lesben zum ersten Mal dabei waren.

Ungesicherte Finanzierung

Leider ist die Finanzierung des Festivals nicht gesichert. „So ein Festival kostet viel. Wir wissen nicht, ob wir wieder sowas auf die Beine stellen können“, seufzt sie. Die letzten Festivals wurden von Open Society Initiative for Southern Africa (OSISA) finanziert. Doch nun nach einer Umstrukturierung der Organisation gibt es bei dem neuen Open Society Africa kein LGBTI-Programm mehr. „Es gibt wohl ein starkes Frauenprogramm. Da hoffen wir, dass wir einen Antrag stellen können. Lesbenarbeit fällt da ja mit rein“, schöpft Frank Hoffnung. „Das Problem ist, sie wollen vor allem länderübergreifende Projekte fördern.“ Das mache für sie und ihre Projekte in Namibia keinen Sinn.

Kampf gegen Gewalt

Beim WLC arbeiten sie auch mit indigenen San-Frauen und Mädchen gegen Gewalt – neuerdings auch mit San-Männern. Die San sind eine der meist diskriminierten Gruppen im Land, sie wurden durch Apartheid und die deutsche Kolonialzeit immer mehr an den Rand gedrängt und häufig nicht als Menschen angesehen. Des Weiteren arbeiten sie in der Sambesi Region, im Nordosten Namibias, gegen kulturelle Praktiken, die sich gewalttätig gegen Frauen und Mädchen auswirken. Alle diese Programme brauchen dringend längerfristige Förderungen.

Core-Funding als Ziel

Die bisherigen Förderungen aus Deutschland kamen von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Heinrich-Böll-Stiftung. „Unsere Erfahrung mit beiden Stiftungen war bislang, dass uns sehr viel Vertrauen entgegenkam, dass unsere Projektanträge angenommen und unterstützt wurden. Das Problem für uns ist, dass die Mittel sehr gering sind. Je kleiner die Mittel, desto größer die Arbeit mit Projektanträgen.“ Die jährliche neue Beantragung stelle insbesondere kleine Teams vor Herausforderungen. Daher wünscht sich Liz Frank eine stabile, nachhaltige, flexible institutionelle Finanzierung. „Hilfreich ist Core-Funding — mehr in Richtung institutionelle Förderung. Das heißt, die Organisation insgesamt zu unterstützen und nicht nur ein Projekt innerhalb der Organisation — aber nicht mit so vielen Hürden.“ Es brauche mehr Flexibilität. „Das macht das Leben einfacher, da können wir Budgets auch wieder ändern.“ 

Kein Raum dem Backlash

Beim Lesbenfestival dabei war auch Namibias Justizministerin, die selbst lesbisch ist. Viele hoffen auf progressive Gesetzesreformen. Frank berichtet, dass sich aktuell in Namibia einiges rund um LSBTI bewege. Es gebe viele neue kleine Gruppen, die sich für die LSBTI-Rechte einsetzen. Bei manchen gehe es um rechtliche Reformen, bei anderen mehr um Sichtbarkeit. „Wir haben das Gefühl, dass wir die Freiheit haben, uns den Raum zu nehmen, den wir wollen. Es gibt bislang keinen Backlash und wir verbreitern diesen Raum“, freut sich Liz Frank.

Dennoch gibt es die Befürchtung, dass sich je nach Ausgang der neuen Wahlen in zwei Jahren die Stimmung drehen könnte. „Falls die aktuelle Außenministerin Netumbo Nandi-Ndaitwah die neue Staatspräsidentin wird, wird es wieder rückwärts gehen. Sie hat vor Jahren bereits als Gender-Ministerin Hetzreden gegen LGBTI geführt“, erinnert sich Frank und weiß schon jetzt, was sie dann machen werde: „Wir sind bereit, uns wieder gegen sie zu stellen, wie wir es bereits vor 20 Jahren gemacht haben“, gibt sie sich kämpferisch.

Caroline Ausserer

Eine Veranstaltung der Hirschfeld-Eddy-Stiftung im Rahmen des Projekts: „Do no harm – Risiken für LSBTI in der internationalen Projektarbeit minimieren“. Alle Beiträge im Rahmen des Projekts sind im Blog unter dem Tag „DNH-2022“ zu finden.

BMJ
HES


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