Genf, Juli 2022
23 Ja-Stimmen, sieben Enthaltungen und 17 Nein-Stimmen: mit diesem knappen Ergebnis hat der UN-Menschenrechtsrat in Genf am 7. Juli 2022 das Mandat des UN-Experten gegen Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität (SOGI) erneuert.
Amtsinhaber Victor Madrigal Borloz kann sein Mandat weiter ausüben und freut sich auf Twitter: er fühle sich geehrt und werde das Amt mit Demut fortsetzen und sich für alle die einsetzen, die von Diskriminierung und Gewalt wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität (SOGI) betroffen sind.
“We did it and we did it together” feiert der Dachverband ILGA World, der wie der UN-Menschenrechtsrat in Genf seinen Sitz hat. ILGA World hatte eine Kampagne von 1.256 Nichtregierungsorganisationen aus 149 Staaten und Gebieten in allen Regionen der Welt organisiert, um die Mandatsverlängerung zu unterstützen. Der LSVD war als Mitgliedsorganisation von ILGA auch dabei.
Die Resolution wurde von Uruguay, Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Costa Rica und Mexico eingebracht, die geschlossen mit Ja stimmten. Die europäischen Länder haben ebenfalls mit Ja gestimmt und sich im Vorfeld für die Verlängerung des Mandats eingesetzt. Mit einer Ausnahme: das von der PiS-Partei regierte Polen hat sich enthalten. Kuba stimmte dafür, die afrikanischen Staaten stimmten mit einer Ausnahme mit Nein-Stimmen, Namibia enthielt sich. Die asiatischen Mitgliedsländer wie China, Indonesien und Malaysia stimmten dagegen, Indien enthielt sich.
Das Mandat des UN-Experten für SOGI wurde im Jahr 2016 auf Beschluss des UN-Menschenrechtsrats eingerichtet und bereits einmal verlängert. Der UN-Menschenrechtsrat in Genf hat in den vergangenen Jahren einige wegweisende Resolutionen zur Stärkung der Menschenrechte von LSBTI* verabschiedet. Einen Überblick über alle relevanten Infos inklusive aller Berichte des UN-Experten für SOGI gibt es auf der Website der Hirschfeld-Eddy-Stiftung. Der Mitschnitt der Abstimmung gibt einen schönen Eindruck von der trockenen Textarbeit der UN und den Argumenten aller, die wohl nirgends geordneter und emotionsloser als in der UN öffentlich vorgetragen werden.
Die Abstimmung im einzelnen
Ja: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien und Nordirland, Honduras, Japan, Kuba, Litauen, Luxemburg, Marshallinseln, Mexiko, Montenegro, Nepal, Niederlande, Paraguay, Südkorea, Tschechien, Ukraine, USA und Venezuela.
Nein: China, Elfenbeinküste, Eritrea, Gabun, Gambia, Indonesien, Kamerun, Katar, Libyen, Malawi, Malaysia, Mauretanien, Pakistan, Senegal, Somalia, Sudan und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Enthaltung: Armenien, Benin, Indien, Kasachstan, Namibia, Polen und Usbekistan.
Die 47 Mitglieder des UN-Gremiums rotieren alle paar Jahre.
Sarah Kohrt, Hirschfeld-Eddy-Stiftung
Hintergrundinformationen und Links:
- Aufzeichnung der Debatte vom 7.7.2022 im UN-Menschenrechtsrat A/HRC/50/L.2 Vote Item 3 40th meeting, 50th regular session Human Rights Council
- Blog-Artikel von 2019 mit Hintergrundinformationen und Details zur Bedeutung und Geschichte des Mandats (deutsch)
- Relevante Dokumente zum Schutz der Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter* (LGBTI) stellen wir auf der Website der Yogyakarta-Allianz zur Verfügung (inkl. der Berichte des UN-Experten gegen Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität (SOGI)
- Die Website des UN-Experten für SOGI hier
- https://ilga.org/UN-renews-crucial-human-rights-expert-mandate-SOGI
Ein Beitrag im Rahmen des Projekts „Do no harm – Risiken für LSBTI in der internationalen Projektarbeit minimieren“ der Hirschfeld-Eddy-Stiftung. Alle Beiträge im Rahmen des Projekts sind im Blog unter dem Tag „DNH-2022“ zu finden.