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Blut von Schwulen nicht erwünscht

Organspendeausweis - Quelle: www.organspendeausweis.orgSeit Jahren ist der Ausschluss von homosexuellen Männern von der Blutspende ein umstrittenes und intensiv diskutiertes Thema. Bislang galten dazu die 2007 von der Bundesärztekammer (BÄK) erlassenen Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie). Diese enthielten u.a. als Kriterium für einen Blutspende-Ausschluss die Festlegung: „Personen, deren Sexualverhalten oder Lebensumstände ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko für durch Blut übertragene schwere Infektionskrankheiten, wie HBV, HCV oder HIV bergen.“ Als Beispiele wurden aufgezählt: „homo- und bisexuelle Männer, Drogenabhängige, männliche und weibliche Prostituierte, Häftlinge“. Hintergrund für die Richtlinie waren gehäufte Übertragungen von HIV durch Blutprodukte in den späten 1980er Jahren.

Diese Richtlinie wurde 2010 neu gefasst. Drogenabhängige und Häftlinge werden nun nicht mehr in einer Reihe mit homosexuellen Männern benannt. Zudem wurden die Argumente für und wider den generellen Ausschluss vom Arbeitskreis „Richtlinien Hämotherapie“ des Wissenschaftlichen Beirats der BÄK zusammengefasst („Erläuterungen zum Blutspende-Ausschluss von Männern, die Sexualverkehr mit Männern haben“ vom 31.03.2010). Die neue Regelung sieht vor, dass vier Personengruppen auf Grund ihres deutlich erhöhten Übertragungsrisikos weder Blut noch Organe spenden dürfen: „heterosexuelle Personen mit Risikoverhalten, z.B. Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partnern, Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben (MSM) und männliche und weibliche Prostituierte.“ Auch wenn nicht mehr pauschal schwule Männer ausgeschlossen werden, bleibt es trotz der Neufassung beim generellen Blutspende-Ausschluss von
MSM.

Der LSVD hat die Neufassung der Richtlinie in einem Brief an die BÄK begrüßt und als Versuch der Versachlichung der Diskussion gewürdigt. Gleichzeitig kritisieren wir aber, dass darin weiterhin von Risikogruppen anstatt von Risikoverhalten die Rede ist. Das hat ist nicht nur Diskriminierungspotenzial aus schwulenpolitischer Sicht, sondern auch aus epidemiologischer Sicht ist das problematisch. Denn damit wird die Zugehörigkeit zu einer Gruppe als Risiko betrachtet, anstatt zutreffender ein bestimmtes Verhalten als Risiko zu bewerten.

Und auf Verhaltensänderung ist schließlich die Prävention von HIV und AIDS ausgerichtet. Diese Strategie wird mit der Verwendung des Begriffes Risikogruppe konterkariert. Bei heterosexuellen Männern kommt damit zugespitzt die Botschaft an: „Du bist nicht schwul, also ist dein Blut in Ordnung.“ MSM werden hingegen unter einen diskriminierenden Generalverdacht gestellt.

Wir plädieren dafür, den pauschalen Ausschluss von MSM von der Blutspende durch das Ausschlusskriterium „ungeschützter Sexualverkehr“ zu ersetzen, das dann aber für alle Spender gelten sollte. Dadurch würde kein erhöhtes Sicherheitsrisiko bezüglich einer Übertragung von schweren Infektionskrankheiten entstehen. Über die Verwendung des Ausschlusskriteriums „häufig wechselnde Partner/innen“ kann aus unserer Sicht zumindest diskutiert werden. Hiervon sind Heterosexuelle genauso wie MSM betroffen. Dass sich MSM nach wie vor häufiger mit HIV neu infizieren als heterosexuelle Männer, besagt ja nicht, dass sie grundsätzlich auf das Individuum bezogen ein höheres Risiko einer Infektion hätten. Entscheidend für den Blutspende-Ausschluss sollte nur das individuelle, aus dem Verhalten resultierende Risikoprofil des einzelnen Blutspenders sein. Nicht alle MSM haben eine hohe Zahl von Sexualkontakten. Genauso verhalten sich bei weitem nicht alle heterosexuellen Männer monogam. Das spezifische Sexualverhalten ist nicht nur in Oral‑, Anal- und Genitalverkehr zu unterscheiden, sondern vor allem danach, ob es safe oder unsafe ist.

Der Arbeitskreis Hämotherapie der BÄK erkennt an, dass es seit Jahren MSM-Spender gibt, die bewusst das Verbot unterlaufen, weil sie wissen, dass sie negativ sind. Gleichzeitig führt er an, dass Spender durch die Fragebögen zur Blutspende nicht in ihrer Intimsphäre verletzt werden dürfen, damit sie nicht zukünftig der Blutspende fernbleiben. Demgegenüber kritisieren wir in unserem Brief, dass MSM allein durch den pauschalen Ausschluss in ihrer Würde verletzt werden, ohne ihnen die Chance zu geben, sich zu ihrem Intimleben äußern zu können. Wir weisen darauf hin, dass es keinen Sinn macht, einerseits den Mangel an Spenderblut zu beklagen, andererseits aber MSM-Spender pauschal auszuschließen.

Axel Blumenthal und Martin Pfarr, LSVD-Bundesvorstand



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